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Freitag, 20. Mai
11:17 Uhr


Die warmen und vor allem hellen Sonnenstrahlen holten mich aus einem tiefen und ungewohnt erholsamen Schlaf. Ich fühlte mich entspannt, so als ob ich eine Ganzkörpermassage hinter mir hätte. Mein noch leicht benebeltes Gehirn konnte mir jedoch nicht sagen, was ich gestern getan hatte, dass ich mich jetzt so wohl fühlte. Blinzelnd schlug ich die Augen auf und erkannte das Schlafzimmer der luxuriösen Hotelsuite, in der ich die letzten Tage verbracht hatte. Auf dem Boden lag meine Sporthose, die ich gestern getragen hatte und unwillkürlich fragte ich mich, wieso ich sie einfach dorthin geschmissen hatte. Aber ich wollte jetzt nicht darüber nachdenken, sondern noch ein wenig schlafen. Ich wollte bereits meine Lider schließen, als ich auf einmal eine kleine Bewegung hinter mir spürte. In diesem Moment registrierte ich den warmen Körper, der sich an meinen Rücken schmiegte, und den Atem, der mir in regelmäßigem Abstand über meine Haut im Nacken strich und ein angenehmes Kribbeln hinterließ. Ein kräftiger Arm war um mich geschlungen und eine Hand lag zart auf meinem nackten Bauch – eine große Hand, wie ich nach einem kurzen Blick feststellte, lange Finger, die mich vor Stunden überall gestreichelt und erregt hatten.
Die Erinnerungen der letzten Nacht rissen mich aus meinem wohligen Dämmerzustand und ich hatte Mühe, nicht aufzuspringen. Mein Herz klopfte wie verrückt und mein Hals wurde auf einmal staubtrocken. „Oh mein Gott", flüsterte ich fast tonlos und starrte auf meine Sporthose, die unverändert am Boden lag. Mit einem Mal war mir klar, weshalb sie sich dort befand und nicht auf einem Stuhl oder im Schrank. Gibbs hatte sie mir ungeduldig ausgezogen, um mich anschließend mit dem Mund zu verwöhnen – und er hatte mich mit seiner Hand zu einem atemberaubenden Höhepunkt gebracht. Ich könnte schwören, seine Zunge und Zähne noch immer zu spüren und alleine der Gedanke daran erhitzte mein Blut. Wir hatten beide von einander nicht genug bekommen können, hatten uns gegenseitig von einem Orgasmus zum nächsten befördert und als ich an unsere zwischenzeitliche mehr als heiße Dusche dachte, schloss ich leise stöhnend meine Augen. Unter dem Wasserstrahl hatten wir uns richtig geliebt und nicht nur mit dem Mund und den Händen verwöhnt. Es war unglaublich gewesen und eigentlich müsste ich jetzt erschrocken sein, dass ich mich einfach so fallen gelassen hatte, aber irgendwie schaffte ich das nicht. Unser ganzes Tun hatte sich richtig angefühlt und es war, als ob wir beide nie etwas anderes gemacht hätten. Jeder hatte auf unerklärliche Weise gewusst, was dem anderen gefiel und es ohne zu zögern angewandt. In der vergangenen Nacht waren wir nicht Kollegen oder Vorgesetzter und Mitarbeiter gewesen, sondern einfach zwei Männer, die ihrer Leidenschaft freien Lauf gelassen hatten – eine Leidenschaft, deren Geruch noch immer leicht in dem Zimmer hing.
Als ich so dalag, Gibbs eng an meinen Rücken geschmiegt, wurde mir klar, dass es zwischen uns nie wieder so sein würde wie vorher. Er war zwar immer noch mein Boss, aber die Zusammenarbeit, wie ich sie kannte, würde es wohl nicht mehr geben. Alleine der Kuss in dem Club hatte etwas verändert und unsere Freundschaft auf eine harte Probe gestellt, eine Freundschaft, die wir wahrscheinlich noch hätten retten können, wenn wir letzte Nacht nicht so weit gegangen wären. Ein Kuss im Rahmen eines Auftrages war eine Sache, aber Sex in gegenseitigem Einverständnis etwas anderes. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass es jemals so weit kommen würde, noch dazu mit einem Mann. Seit meiner Pubertät war ich nur mit Frauen ins Bett gegangen, hatte jedem Mädchen in enger Kleidung nachgesehen und dann änderte ein Undercover Einsatz alles. Es war ein Fehler gewesen, bei dieser Aktion mitzumachen, das hatte ich von Anfang an irgendwie gespürt, aber jetzt war es zu spät. Ich konnte die Zeit nicht mehr zurückdrehen. Nur, wollte ich das überhaupt? Alleine die Erfahrung gemacht zu haben, dass Gibbs so unglaublich zärtlich sein konnte, war unbezahlbar und dass ich es geschafft hatte, ihn mit meinem Mund zum Gipfel der Lust zu jagen und nicht auf die Palme, so wie ich es normalerweise tat, war ein unbeschreibliches Gefühl.
Ich erschrak über meine Gedanken, die ich soeben hatte. Das Ganze war doch mehr als verrückt. Ich sollte mich jetzt eigentlich unbehaglich fühlen, aber wenn ich ehrlich war, genoss ich es, dass Jethro so nahe bei mir lag. Es war anders als nach dem Kuss, wo ich so verwirrt über meine körperliche Reaktion gewesen war. Ich fühlte genau, dass sich zwischen uns etwas entwickelte und die kleine Knospe der Gefühle war dabei, aufzublühen, aber noch war sie geschlossen.
Frustriert schüttelte ich den Kopf, hielt aber sofort wieder inne, aus Angst, Gibbs zu wecken. Denn ich wusste nicht, wie ich ihm unter die Augen treten sollte, nicht nach dem was letzte Nacht passiert war. Ich hatte nicht einmal eine Ahnung, wie er reagieren würde, wenn er aufwachte. Würde er erschrecken, wenn ihn die Erinnerungen einholten? Würde er aus dem Bett springen und in seine übliche schlechte Laune verfallen? Oder würde er sich noch näher an mich schmiegen und mir freundlich einen guten Morgen wünschen?
Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, für ihn würde es noch schwerer werden als für mich. Er war der Typ Mensch, der seine Gefühle nie offen zeigte, außer gestern, als er mir offenbart hatte, dass er den Kuss genauso genossen hatte. Dieses Geständnis hatte mich mehr als verblüfft und es war diese Aussage gewesen, die meine gesamte Wut vernichtet hatte. Nur, wie würde er mit der neuen Situation umgehen? Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, in den normalen Alltagstrott zurückzukehren und so zu tun, als ob nie etwas zwischen uns passiert wäre. Alleine schon die Berührung seiner Hand an meiner Haut ließ die Erinnerungen und die Hitze, die in mir gelodert hatte, zurückkehren. Wie würde es erst sein, wenn ich erneut in seine blauen Augen – die mir einen Schauer der Erregung nach dem anderen über den Rücken gejagt hatten - blickte? Am liebsten würde ich es gar nicht herausfinden.
Eine Bewegung hinter mir riss mich aus meinen Gedanken und Panik stieg in mir auf. Nein, Gibbs durfte noch nicht aufwachen. Ich war noch gar nicht bereit, mich ihm zu stellen. Was sollten wir nur miteinander reden geschweige denn, wie miteinander umgehen?
Der warme Atem in meinem Nacken wurde unregelmäßiger und mein Herz begann wie wild zu klopfen, als die Finger über meinen Bauch streichelten, aber plötzlich in der Bewegung inne hielten. Anscheinend realisierte er gerade, mit wem er im Bett lag. Ich hörte ein ungläubiges Stöhnen, was mir ein kleines Lächeln auf die Lippen zauberte. Oh ja, für ihn war es definitiv schwer, wenn nicht sogar ein wenig peinlich.
Die Hand verschwand von meiner Haut und seine Stimme drang an mein Ohr: „Was haben wir nur getan?" Mein Grinsen wurde breiter. „Nun, ich kann mich noch sehr lebhaft daran erinnern", antwortete ich und kassierte prompt einen Schlag auf den Hinterkopf. „Au!" rief ich empört und rieb mir die schmerzende Stelle. „Ich habe nicht dich gefragt", sagte Gibbs gewohnt schroff. „Nun, dann hättest du die Frage eben leise stellen sollen." „Ich habe ja nicht gewusst, dass du bereits wach bist." Verlegenes Schweigen breitete sich zwischen uns aus und mein Blut rauschte viel zu laut in meinen Ohren. Jethro lag noch immer ziemlich nahe bei mir, machte aber keine Anstalten, ein wenig Platz zwischen uns zu schaffen. Sein Atem strich über meine Haut und ich wünschte, ich hätte nicht das Bedürfnis, seine Lippen erneut darauf zu spüren. Obwohl ich seine Nähe mehr als genoss, wusste ich, dass es ein Fehler wäre, wenn wir es erneut so weit kommen lassen würden wie letzte Nacht.
„Tja… äh…", stotterte ich, drehte mich auf den Rücken und setzte mich auf. Ich sah auf Gibbs hinunter, der mich aus seinen blauen Augen musterte, in denen eine Spur des Funkelns zurückgekehrt war, das ich nur zu gut kannte. Seine Haare waren zerzaust und wenn mich nicht alles täuschte, hatte ich ihm doch tatsächlich auf der Schulter einen Knutschfleck verpasst. Wenn er den entdeckte, würde er mich garantiert mit einem dutzend Kopfnüsse bestrafen. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und versuchte das Kribbeln zu ignorieren, welches in mir aufstieg.
„Ich denke, wir sollten langsam aufstehen", sagte ich und warf einen Blick auf die Uhr. „Es ist bereits nach halb zwölf." Überrascht zog Gibbs seine Augenbrauen in die Höhe. „So spät?" „Hmmm", erwiderte ich, wollte die Bettdecke zurückschlagen, überlegte es mir aber anders. Auf einmal wurde mir bewusst, dass ich vollkommen nackt war und unwillkürlich stieg mir eine Schamesröte ins Gesicht.
„Ähm, Boss, könntest du vielleicht wo anders hinsehen." „Wieso?" fragte er sofort und setzte sich ebenfalls auf. „Nun ja, meine Hose liegt dort auf dem Boden und na ja, ich will schließlich aufstehen und…" Mir wurde bewusst, dass ich mich eben wie ein Vollidiot aufführte und krallte meine Finger in die Decke. „Es gibt nichts, was ich von dir noch nicht gesehen hätte, Tony", erwiderte Gibbs und ihm huschte ein Lächeln über seine Lippen – ein Lächeln, das mir prompt einen Schauer über den Rücken jagte. „Jedenfalls, so weit ich mich erinnere", fügte er kurz darauf hinzu. Noch mehr Verlegenheit stieg in mir auf und ich wich seinem Blick aus, der mich total aus dem Konzept brachte. „Nun denn", meinte ich, sammelte meinen gesamten Mut, warf die Decke zur Seite und stand auf. Mir war mehr als bewusst, dass mich Jethro ansah, jede meiner Bewegungen verfolgte. Ich bückte mich und da ich meine Boxershorts nicht finden konnte, nahm ich die Hose und zog sie mir schnell über. Kaum war ich nicht mehr nackt, fühlte ich mich gleich viel besser.
„Wann wollte Ziva vorbeikommen?" fragte ich, nur um diese Stille zu durchbrechen, die sich schon wieder ausbreitete. „Gegen 16 Uhr." „Gut. Also, wenn ich es mir recht überlege, könnte ich etwas zu Essen vertragen." Die Worte: die letzte Nacht ging mir ganz schön an die Substanz lagen mir zwar auf der Zunge, aber ich fügte sie nicht hinzu. „Willst du auch was?" Gibbs überlegte ein paar Sekunden, dann erwiderte er: „Bestell einfach irgendetwas mit und einen starken Kaffee." Er machte immer noch keine Anstalten, aus dem Bett zu steigen. „Willst du jetzt den ganzen Tag liegen bleiben?" wollte ich wissen und versuchte, nicht allzu vorwurfsvoll zu klingen. „Nein, ich werde jetzt eine Dusche nehmen." Ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, fing ich zu grinsen an. „Dir hat die Letzte wohl nicht genügt", sagte ich und als mich sein Blick traf, konnte ich froh sein, nicht tot umzufallen. „Ähm… ich bestell mal das Essen", sagte ich gleich darauf, da ich nicht sicher war, ob er mich erwürgen würde, wenn ich noch länger in dem Raum blieb. „Tu das, DiNozzo", erwiderte Jethro in gewohnt ärgerlichem Ton und ich beeilte mich, ins Wohnzimmer zu gehen, wo andere Kleidungsstücke von uns verstreut herumlagen. Keiner von uns hatte direkt von der gestrigen Nacht gesprochen, es nicht mit Wörtern ausgedrückt, aber das Ereignis stand zwischen uns. Wir gingen betont freundlich miteinander um – von der Kopfnuss mal abgesehen – aber keiner von uns schien zu wissen, wie er mit der Situation wirklich zu Recht kommen sollte. Wir waren beide verlegen, obwohl wir versuchten, es zu überspielen. Den Morgen danach hatten wir nun überstanden, aber wie würde es nachher mit uns weitergehen?

Gibbs sah Tony nach, der nur mit der Sporthose bekleidet ins Wohnzimmer ging. Sein Rücken wurde von den Sonnenstrahlen erhellt und er verfolgte jede Bewegung seiner geschmeidigen Muskeln, bis er aus seiner Sichtweite verschwunden war. Seufzend fuhr er sich durch die Haare und brachte sie noch mehr durcheinander. Die Erinnerungen an die letzte Nacht waren noch mehr als lebendig und er hätte schwören können, dass sich Tonys Geruch auf seiner Haut, in seiner Nase und in dem Raum festgesetzt hatte. Die Leidenschaft, die ihn mit einer ungekannten Heftigkeit überrollt hatte, war noch immer in einem Winkel seines Körpers verborgen und er wusste, eine einzige Berührung DiNozzos und sie würden erneut im Bett landen – ein mehr als verlockender Gedanke, wie er kurz darauf erschreckt feststellte. Seine Zunge, sein Mund und vor allem diese geschickten Finger hatten ihn an Orte geführt, die er nicht einmal mit seinen drei Ex-Frauen oder mit Jenny erreicht hatte. Er hatte gar nicht gewusst, dass er sich so fallen lassen konnte, an nichts mehr denken, außer an die Berührungen, die ihm fast den Verstand geraubt hatten. Tony war unglaublich gut, wenn es darum ging, in ihm eine Hitze zu erzeugen, die ihn fast verbrannte hätte. Alleine die Erinnerung daran, wie er ihn zum ersten Mal mit dem Mund verwöhnt hatte, ließ ihn erschauern. Gibbs schüttelte den Kopf, um die verführerischen Bilder aus dem Gehirn zu vertreiben und bemühte sich, in der Gegenwart zu bleiben – ein mehr als schwieriges Unterfangen. Und es war gerade das, was ihn auf sich selbst so wütend machte. Wie hatte er nur zulassen können, dass sie so weit gegangen waren? Er hätte gedacht, mit dem Gespräch würden sie die Sache mit dem Kuss klären, aber als ihm der junge Mann gestanden hatte, wie schwer es für ihn war, hatte ihn ein Zorn gepackt, dem er freien Lauf gelassen hatte und ohne dass er es beabsichtigt hatte, hatte er zugegeben, dass er die Minuten in dem Club ebenfalls genossen hatte. Und als Tony dann an die Wand gedrängt gestanden und ihn aus seinen grünen Augen verblüfft angesehen hatte, war ihn ihm das heftige Bedürfnis aufgestiegen, ihn zu berühren, ihn erneut zu küssen. Sein Verstand hatte ihm davon abgeraten, aber er hatte ihn zum ersten Mal in seinem Leben ignoriert und sich von seinen Gefühlen leiten lassen – von Gefühlen, über die er sich noch immer nicht im Klaren war.
Gibbs hatte seine gesamten Bedenken über Bord geworfen und es hatte ihm die beste Nacht eingebracht, die er je erlebt hatte. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass es Tony je schaffen würde, ihn so aus der Reserve locken, Seiten von ihm ans Tageslicht zu befördern, die er nicht einmal selbst gekannt hatte und das Ergebnis war, dass er sich voller Leidenschaft diesem Mann hingegeben hatte. In seinem tiefsten Inneren wusste er, er müsste sich jetzt unbehaglich fühlen oder die vergangen Stunden bereuen, aber er brachte es einfach nicht fertig – und diese Tatsache machte ihn noch wütender. Und jetzt hatten sie das Problem, dass sie nicht wussten, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Tony war verlegen, wich seinem Blick aus und versuchte, besonders nett zu sein. Jethro erging es nicht anders, aber er versuchte es mit seiner üblichen Art zu überspielen, was seinem Agent sofort eine Kopfnuss eingebrachte hatte. Er wusste, zwischen ihnen würde es nie wieder so werden wie früher, aber vielleicht war es möglich, ihre Freundschaft ein klein wenig zu retten. Auf alle Fälle würde er nicht zulassen, dass er DiNozzo verlor, als Kollege, als Freund und als… Gibbs schluckte, als ihm bewusst wurde, dass ihm soeben das Wort Liebhaber auf der Zunge gelegen hatte. ‚Hör auf!' ermahnte er sich selbst und fuhr sich erneut durch seine Haare. ‚Das war eine einmalige Sache und es wird nicht wieder passieren.' Nur, belog er sich damit nicht selbst? Er spürte, dass da plötzlich Gefühle für Tony waren, die er noch nicht einordnen konnte, die aber nicht unangenehm waren – Gefühle, die tiefer als Freundschaft gingen. Noch waren sie ganz klein, wie ein winziges Staubkorn, aber er war sich sicher, mit der Zeit würden sie anwachsen.
Frustriert schüttelte Jethro seinen Kopf und dabei fiel sein Blick auf die andere Betthälfte. Die Decke war achtlos zur Seite geworfen worden und unwillkürlich glitt ein Lächeln über seine Lippen. Wenn ihn nicht alles täuschte, war DiNozzo vorhin rot angelaufen, als ihm bewusst geworden war, dass er vollkommen nackt war – und so schüchtern hatte er ihn noch nie erlebt. Aber er hatte es schließlich gewagt, aufzustehen und Gibbs musste zugeben, dass sein junger Kollege eine bemerkenswert attraktive Kehrseite hatte, die nur noch vom Anblick von vorne übertroffen wurde. Jetzt verstand er auch, weshalb die Frauen so verrückt nach ihm waren.
Tonys Stimme drang zu ihm ins Schlafzimmer und er verstand die Worte Kaffee und den Namen eines exotisch klingenden Gerichts, das sicher schweineteuer war. Aber ihn sollte es nicht stören, immerhin würde der NCIS die Kosten übernehmen. Er freute sich schon darauf, wenn er Jen die saftige Rechnung präsentieren konnte.
Noch immer ein wenig wütend auf sich selbst, warf er die Decke zur Seite und stand auf. Ihm war bewusst, dass ihn DiNozzo ohne weiteres sehen konnte, versuchte sich aber nicht anmerken zu lassen, dass es ihm ein wenig unangenehm war. Plötzlich verstand er, wieso der junge Mann Hemmungen gehabt hatte, das Bett zu verlassen. Gibbs sah ins Wohnzimmer und erhaschte kurz einen Blick auf einen nackten Rücken, bevor er im Bad verschwand. Er schaltete das Licht ein, schloss die Tür und stützte sich anschließend mit den Armen neben dem Waschbecken ab. Blaue Augen blickten ihm vom Spiegel entgegen und überrascht stellte er fest, dass sein Gesicht entspannt wirkte. Heute sah er gar nicht wie der griesgrämige Mann aus, den er sonst immer zur Schau stellte. Verwundert runzelte er die Stirn, wandte sich bereits zur Dusche, als ihn etwas in seinen Bann zog. Langsam drehte er sich wieder zum Spiegel um und starrte ungläubig den bläulichen Fleck auf seiner Schulter an, der sich wunderbar von seiner Haut abhob. „Das kann doch nicht wahr sein", sagte er zornig und strich vorsichtig mit einem Finger über das Mal, in der Hoffnung, es so zum Verschwinden zu bringen, aber es blieb an Ort und Stelle. Gibbs schloss die Augen, zählte bis drei und öffnete sie erneut, aber das Bild war das gleiche geblieben. Tony hatte es tatsächlich geschafft, ihm einen Knutschfleck zu verpassen. Ärgerlich biss er die Zähne aufeinander und betrachtete weiter die bläuliche Verfärbung. Er konnte von Glück sagen, dass er ihm diesen Fleck nicht am Hals angehängt hatte, aber dennoch, dafür würde er DiNozzo mit einer mehr als saftigen Kopfnuss bestrafen – wenn nicht sogar mit zwei. Jethro erinnerte sich daran, wie sich sein junger Kollege in seine Schulter verbissen hatte, als er dabei gewesen war, ihn mit seinen Fingern erneut zu einem Höhepunkt zu bringen. Er konnte noch immer das lustvolle Keuchen hören und alleine das genügte, um sein Blut in Wallung zu bringen. „Reiß dich zusammen!" fuhr er sich selbst an und wandte sich von dem Spiegel ab. Wenn sie den Einsatz heute noch erfolgreich über die Bühne bringen wollten, dann musste er ganz schnell lernen, die Bilder der gestrigen Nacht aus seinem Gehirn zu verbannen. Nur fiel ihm das unendlich schwer. Tony hatte einen bleibenden Eindruck hinterlassen und damit meinte er nicht nur den Knutschfleck auf seiner Haut. Der junge Mann war ihm buchstäblich unter die Haut gegangen und ihm war klar, dass ihr Arbeitsverhältnis darunter leiden würde. So wie es aussah, stand ein neuerliches Gespräch vor der Tür, nur würde er diesmal aufpassen, dass sie sich nicht gleich wieder streiten und im Bett landen würden. Aber diesmal würde er nicht sofort mit DiNozzo reden, sondern warten, bis die Aktion am Abend vorbei war. Immerhin bestand die Gefahr, dass die geplante Aussprache nach hinten losgehen könnte und somit wäre der gesamte Einsatz gefährdet. Es war besser, wenn sie die restlichen Stunden weiter freundlich miteinander umgingen, auch wenn sich zwischen ihnen ständig Verlegenheit ausbreitete. Innerlich verpasste sich Gibbs selbst einen Klaps auf den Hinterkopf, weil er es überhaupt so weit hatte kommen lassen.
Wütender als vor ein paar Minuten stieg er in die Dusche, drehte den Wasserstrahl auf und stellte ihn auf kalt ein. Jethro schloss die Augen und versuchte nicht daran zu denken, wie sich Tony und er hier geliebt hatten, während das Wasser warm auf ihre Körper niedergeprasselt war und den Raum mit Dampf erfüllt hatte. Sein Herz fing schneller zu schlagen an und Hitze stieg in ihm auf. Sofort öffnete er die Augen, stellte den Strahl noch um ein paar Grad kühler ein und stützte sich mit beiden Händen gegen die Fliesen, so wie es DiNozzo getan hatte, kurz bevor er…
Gibbs schüttelte heftig den Kopf, vertrieb die Bilder aus seinem Gehirn und versuchte sich auf den Einsatz am Abend zu konzentrieren. Es wurde Zeit, dass er endlich vorbei war, sodass sie wieder in ihr normales Leben zurückkehren konnten. Er hoffte, wenn sie der Alltagstrott eingeholt hatte, würde sich die Situation zwischen ihm und Tony ein wenig entspannen und die Gefühle, die er zu entwickeln begann, würden verebben - denn er war einfach nicht der Typ, der gut mit so etwas umgehen konnte. Wenn er es sich recht überlegte, waren seine Gefühle noch nie so Achterbahn gefahren, nicht einmal bei seinen drei Ex-Frauen oder bei Jen. Nur DiNozzo hatte es geschafft, dies in ihm auszulösen – ein weiterer Grund für eine Kopfnuss, beschloss er und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Egal was die Zukunft bringen mochte, Gibbs war sich sicher, sie würden diese verzwickte Situation irgendwie meistern. Und falls er gezwungen wäre, über seine Gefühle zu sprechen, nur damit er und Tony wieder normaler miteinander umgehen konnten, so würde er dies machen – auch wenn es ihm mehr als schwer fallen würde.

Fortsetzung folgt...
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