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Diesmal war es anders als beim ersten Mal. Wir lagen eng aneinander gekuschelt da – Gibbs auf dem Rücken und ich hatte meinen Kopf auf seine linke Schulter gebettet. Meine rechte Hand ruhte auf seinem Herzen, dessen Schlag sich wieder beruhigt hatte, vor ein paar Minuten aber noch gerast war. Seine Haut war leicht verschwitzt und er roch äußerst männlich. In dem Schlafzimmer hing noch immer der Geruch von der Leidenschaft, die uns ergriffen hatte und auch jetzt noch in einem Winkel meines Körpers verborgen war, nur um darauf zu warten, erneut geweckt zu werden. Ich fühlte mich unbeschwert und meine Gliedmaßen waren bleischwer, aber dennoch widerstand ich dem Drang, meine Augen zu schließen – irgendwie hatte ich Angst, das Ganze wäre nur ein Traum und ich würde schlussendlich alleine in dem großen Bett aufwachen.
Zwischen Jethro und mir herrschte seit unserem mehr als heftigen Höhepunkt Schweigen – ein Schweigen, das diesmal nicht verlegen war, so wie es vor über drei Wochen gewesen war. An diesem Abend war es einvernehmlich und friedlich. Wir genossen unsere Nähe und lauschten dem Regen, der gegen das Fenster prasselte – sonst war nichts zu hören, außer unser gleichmäßiger Atem. Ich hatte sogar den Eindruck, dass sich unsere Brustkörbe synchron hoben und senkten, so als ob wir miteinander verschmolzen wären. In diesem Moment fühlte ich mich unglaublich glücklich und ich hatte das Gefühl, meine gute Laune würde nie wieder vergehen. Ich konnte es immer noch nicht so recht glauben, dass Gibbs und ich jetzt ein Paar waren, das wir uns bedingungslos liebten. Noch vor einem Monat waren wir einfach Boss und Untergebener gewesen und alleine die Vorstellung, dass ich einmal eine Partnerschaft mit einem Mann eingehen könnte, war mehr als lächerlich gewesen – aber jetzt hatte sich alles verändert und mittlerweile war ich froh, den Undercovereinsatz gemacht zu haben. Er hatte mir buchstäblich die Augen geöffnet und mich in die richtige Richtung und in eine Beziehung gelenkt, die sicher nicht immer einfach werden wird. Immerhin waren wir beide ziemlich große Sturköpfe, aber momentan machte ich mir deswegen keine Sorgen. Zu groß war das Glück, das mein Innerstes anfüllte.
Ich sah auf – ohne den Kopf zu bewegen – und blickte zu Gibbs, dessen Augen geschlossen waren. Aber ich wusste, dass er nicht schlief. Die Finger seines linken Armes - mit dem er mich fest umschlungen hatte, so als ob er mich nie wieder loslassen wollte - fuhren in regelmäßigen Abständen über meinen bloßen Oberarm und jagten mir wohlige Schauer durch meinen Körper. Auf seinen Lippen lag ein seliges Lächeln und seine Haare waren besonders an den Stellen zerzaust, an denen ich mit meinen Händen durchgefahren war, als wir uns geliebt hatten. Das Licht von der Lampe auf dem Nachttisch tauchte ihn in einen sanften Schimmer und machte ihn noch attraktiver, als er ohnehin schon war. In diesem Moment hatte er überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit dem schroffen und oft schlecht gelaunten Boss, den er oft an den Tag legte – im Gegenteil. Er sah richtig zufrieden und glücklich aus. Ich lächelte leicht und hob meinen Kopf ein wenig, um ihm direkt ins Gesicht blicken zu können.
„Ich habe dich noch nie so entspannt gesehen", durchbrach ich schließlich unser Schweigen, beobachtete, wie sich seine Augen öffneten und er mir einen Blick voller Liebe schenkte, der meine Körpertemperatur prompt in die Höhe schießen ließ. „Nun, das liegt wahrscheinlich daran, dass ich noch nie so entspannt gewesen bin", erwiderte Jethro und verstärkte den Druck seines Armes, um mich noch näher zu sich heranzuziehen. Ich legte meinen Kopf wieder auf seine Schulter und zog die Decke, die uns beide bis zur Hüfte bedeckte, ein wenig nach unten, da mir plötzlich die Luft im Schlafzimmer wärmer vorkam. „Nicht einmal wenn du an deinem Boot baust?" bohrte ich nach und fing an, mit dem Zeigefinger meiner rechten Hand auf seiner Brust Kreise zu malen. Ich spürte deutlich, wie er erschauderte und er musste sich erstmals räuspern, um etwas sagen zu können. „Nicht einmal wenn ich an meinem Boot baue." „Das fasse ich mal als ein Kompliment auf." „Das kannst du auch."
Erneut breitete sich Schweigen zwischen uns aus, aber nur für ein paar Sekunden, ehe ich erneut die Stille durchbrach. „Also, wenn mir vor einem Monat jemand gesagt hätte, dass wir beide einmal ein Paar werden, hätte ich ihn glatt für verrückt erklärt." „Ich hätte ihn wahrscheinlich gleich erschossen", meinte Gibbs und ich hob abrupt meinen Kopf. Etwas schockiert sah ich ihn an, begann dann aber leise zu lachen, als ich das verräterische Zucken an seinen Mundwinkeln bemerkte. „Ja, dass kann ich mir durchaus vorstellen", erwiderte ich schließlich und rückte etwas nach oben, damit unsere Gesichter auf gleicher Höhe waren. Ich hörte auf, mit meinem Finger Kreise auf seine Brust zu zeichnen und legte sie auf seine rechte Wange.
„Ich liebe dich, Tony", sagte er leise aber bestimmt und mein Herz vollführte bei diesen Worten einen freudigen Hüpfer. Es war noch immer etwas seltsam, sie aus Jethros Mund zu hören, vor allem, da er mich normalerweise mit schroffen Befehlen herumscheuchte und ich wusste, er würde dies auch in Zukunft wieder machen, was ich wohl akzeptieren musste. Es gehörte einfach zu seinem Wesen und ohne diese Art wäre er einfach nicht Gibbs. „Ich liebe dich auch", erwiderte ich schließlich und drückte sanft meine Lippen auf die seinen. Er ließ seine Hand, die auf meinem Oberarm ruhte, nach oben gleiten, vergrub sie in meinen Haaren und zog meinen Kopf näher zu sich heran, um den Kuss zu intensivieren. Ich spürte förmlich, wie die Leidenschaft sich erneut in meinem Körper ausbreitete und als seine Zunge auf meine traf, gab ich ein leises Stöhnen von mir. Als wir uns voneinander lösten, waren wir beide außer Atem und die Augen meines Freundes funkelten voller Begierde.
„Lass uns morgen blau machen", schlug ich spontan vor und fing erneut an, mit meinem Zeigefinger Muster auf seine Brust zu malen. Er seufzte leise und schüttelte schließlich seinen Kopf. „Das geht nicht. Ein Marine wartet darauf, dass wir seinen Mörder finden." Ich hatte bereits mit dieser Antwort gerechnet, aber trotzdem breitete sich Enttäuschung in mir aus. In der Hoffnung, ihn umstimmen zu können, schob ich leicht meine Unterlippe vor und blickte ihn mit meinem speziellen Dackelblick an. „Sieh mich nicht so an, Tony", sagte er und bemühte seine Stimme ernst klingen zu lassen, aber es hatte sich ein unhörbar weicher Ton eingeschlichen. Innerlich grinste ich, aber nach außen hin tat ich weiter, als ob ich schmollen würde. Ich kannte fast keinen Menschen, bei dem dieser Blick nicht funktionierte und auch Gibbs schien dagegen nicht mehr immun zu sein. „Ach, verdammt", grummelte er und ich spürte, wie sich meine Mundwinkel nach oben bewegten. „Wenn wir den Mörder des Marines gefunden haben, werden wir uns gleich das darauf folgende Wochenende freinehmen und diese Tage werden nur wir beide miteinander verbringen. Keine Arbeit, keine Leichen und keine Verbrecher. Ist das in Ordnung für dich?" Mir klappte buchstäblich der Mund auf und ich starrte Jethro ungläubig an. „Was?" fragte er irritiert. „Nun ja, du hast mich noch nie nach meiner Meinung gefragt", antwortete ich, als ich mich wieder gefasst hatte. „Das macht man doch in einer Partnerschaft, oder? Ich habe einmal gehört, dass man so etwas Kompromisse nennt." „Und ich habe gedacht, dieses Wort kommt in deinem Wortschatz nicht vor", meinte ich grinsend und erhielt prompt einen Klaps auf meinen Hinterkopf. „Hey!" rief ich gespielt erbost. „Wofür war das denn?" „Dafür, dass du immer so frech bist", gab er zur Antwort, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. „Und, was sagst du zu meinem Vorschlag?" „Ja, es ist für mich in Ordnung", antwortete ich und vergaß, dass er mir soeben eine Kopfnuss verpasst hatte. Irgendwie konnte ich ihm nicht böse sein. „Zwei Tage nur für uns. Was sollen wir bloß mit so viel freier Zeit anfangen?" „Nun, ich wüsste da schon etwas", erwiderte Gibbs, umfasste mein Gesicht mit beiden Händen und zog mich zu sich heran, um mich leidenschaftlich zu küssen. Dabei drehte er sich und als ich erkannte, was er vorhatte, befreite ich mich sachte aber bestimmt aus seiner Umarmung und setzte mich auf. „Was ist los?" Ich fuhr mir durch meine Haare und schüttelte leicht den Kopf. „Du kannst nicht immer über alles die Kontrolle haben, Jethro", sagte ich und biss mir auf meine Unterlippe, als Ärger in seinen Augen aufkeimte, aber da musste ich jetzt durch. „Was soll das heißen?" fragte er und in seine Stimme kam ein Hauch der üblichen Schroffheit zurück. Mein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen, aber ich ließ nicht locker. „Das soll heißen, dass du nicht immer die Führungsposition übernehmen kannst. Es wird dir sicher nicht wehtun, wenn du mir einmal die Kontrolle überlässt." Er sah mich an und als er sich aufsetzen wollte, reagierte ich blitzschnell, legte mich auf ihn, umfasste seine beiden Handgelenke und zog sie über seinen Kopf, sodass er beinahe bewegungsunfähig unter mir begraben war. „Lass mich los, Tony", sagte er und wehrte sich gegen meinen harten Griff, aber ich hielt ihn eisern fest. „Nein." „Verdammt, wenn du mich nicht gleich…" Ich unterbrach seinen Protest und die wahrscheinliche Drohung mich zu feuern, indem ich meine Lippen auf seine presste und erstickte somit jeden Laut im Keim. Er kniff seinen Mund zusammen und erwiderte meinen Kuss nicht, aber ich ließ nicht locker. Ich reizte seine Lippen mit meiner Zunge, fuhr sie entlang, immer und immer wieder, bis ich spürte, wie er nachgab. Sein Körper entspannte sich unter mir und er hob leicht seinen Kopf und kam mir entgegen. Erst jetzt löste ich mich von ihm und sah ihm direkt in die Augen, aus denen der Ärger verschwunden war. „Vertrau mir", sagte ich leise. „Vertrau mir einfach, Jethro." „Ich vertraue dir", erwiderte er ohne zu zögern, was mich mit unbändiger Freude erfüllte. Ich ließ seine Hände los, um mit meinen Finger nach unten zu wandern, sie unter der Bettdecke verschwinden ließ und sie um sein Glied legte, das prompt hart wurde. Gibbs umschlang mich mit seinen Armen, aber er machte keine Anstalten, mir die Führung zu entreißen. Und dafür bescherte ich ihm einen Höhepunkt, den er wohl so schnell nicht wieder vergessen würde.

Irgendwann waren wir beide schließlich eingeschlafen. Als ich wieder aufwachte, brannte in meinem Schlafzimmer noch immer das Licht der kleinen Lampe und erhellte den Raum gedämpft. Der Regen prasselte stetig gegen die Fensterscheibe, aber ich hatte den Eindruck, als ob er bereits weniger geworden wäre.
Gibbs lag eng an meinen Rücken geschmiegt und sein gleichmäßiger warmer Atem strich über meine Haut. Seine Hand ruhte sanft auf meiner Hüfte und alleine diese Berührung erinnerte mich an die Hitze, die uns beide erfasst hatte. Er hatte mir vorhin wirklich die Führung überlassen und es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl gewesen. Noch nie hatte ich erlebt, dass er sich so fallen gelassen und mir derart blind vertraut hatte. Und es hatte ihm definitiv gefallen. Zwar hatte er es mir nicht gesagt, aber seine Körpersprache hatte ihn verraten.
Bei dieser Erinnerung bildete sich ein Lächeln auf meinen Lippen, das jedoch kurz darauf von einem Gähnen unterbrochen wurde. Müde rieb ich mir über meine Augen und warf einen Blick auf meinen Wecker, der kurz nach Mitternacht zeigte. Ich unterdrückte ein leises Stöhnen, als ich erkannte, dass ich gerade mal zwei Stunden geschlafen hatte – zwei Stunden, die allerdings nicht ausgereicht hatten, um meinen erschöpften Körper wieder auf Vordermann zu bringen. Meine Gliedmaßen fühlten sich noch immer schwer an, aber dennoch war ich auf eine seltsame Weise entspannt – wie nach einer Ganzkörpermassage. Und das hatte ich Jethro zu verdanken, der sich gerade tief im Land der Träume befand – wohin ich auch bald wieder verschwinden würde, denn der letzte Liebesakt hatte mich komplett geschafft. Aber vorher würde ich nach unten in die Küche gehen und mir etwas zu trinken holen. Mein Hals war wie ausgedörrt und ich wusste, ich würde nicht mehr einschlafen können, wenn ich halb am verdursten war. Deshalb löste ich sanft – um Gibbs nicht zu wecken - seine Hand von meiner Hüfte und stand langsam auf. Wie durch ein Wunder trugen mich meine Beine, obwohl sich meine Knie weich wie Butter anfühlten. Automatisch bückte ich mich und hob meine Boxershorts auf, die ich wegen dem Licht mühelos auf dem Boden fand und schlüpfte hinein. Anschließend schlich ich mich auf Zehenspitzen auf den Gang und zur Treppe, die ich dank des Lichtes, das aus dem Wohnzimmer kam, bestens erkennen konnte. Erst jetzt erinnerte ich mich daran, dass ich komplett vergessen hatte, unten die Lampen auszuschalten – Gibbs und ich hatten es viel zu eilig gehabt, im Schlafzimmer zu verschwinden.
Leise ging ich die Stufen hinunter und durchquerte den Raum, in dem unsere Kleidungsstücke willkürlich verstreut herumlagen. Mein Hemd lag vor dem Sofa und Gibbs' weißes T-Shirt fand ich bei der Terrassentür. Sein Jackett befand sich auf einem der beiden Stühle, aber sein Poloshirt konnte ich nirgends finden. Darüber wollte ich mir jetzt aber nicht den Kopf zerbrechen und ich machte auch keine Anstalten, die anderen Kleidungsstücke aufzuheben, denn ich war der Meinung, sie würden uns schon nicht davonlaufen. Grinsend ging ich in die Küche, schaltete dort ebenfalls das Licht ein und besah mir das leichte Chaos, das ich nach dem Frühstück des vorigen Tages hinterlassen hatte. In der Spüle stapelte sich das schmutzige Geschirr und auf dem Tisch stand noch die benützte Kaffeetasse. Daneben lag aufgeschlagen die Zeitung, für die ich nicht mehr allzu viel Zeit gehabt hatte. Ich überlegte bereits, ein wenig aufzuräumen, aber ich entschied mich dagegen. Zu groß war die Sehnsucht nach meinem Bett und den Mann, der darin lag. Außerdem liebte mich Jethro so wie ich war, also würde ihn diese Unordnung nicht stören – hoffte ich zumindest.
Das Chaos ignorierend, holte ich mir ein Glas aus einem Schrank, füllte es mit Leitungswasser und trank es halb leer. Als ich es absetzte, hörte ich Schritte hinter mir. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht und Freude machte sich in mir breit. „Du hättest nicht extra aufstehen müssen, Jethro", sagte ich, da ich annahm, dass es mein Freund war, der trotz meiner Versuche leise zu sein, aufgewacht war. „Ich wollte nur etwas trinken und dann sofort wieder…" Der Rest des Satzes blieb mir allerdings im Hals stecken, als ich mich umdrehte und statt in blaue Augen in die schwarze Mündung einer Waffe blickte.

Fortsetzung folgt...
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