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Story Notes:
Eigentlich hatte ich vor, nur einen SC zu schreiben, aber der hat sich zu einer kleinen Minigeschichte entwickelt^^ Insgesamt wird er aus drei Teilen bestehen. Der SC ist aus der Sicht von Tony geschrieben. Ich würde mich sehr über ein FB freuen!
14. Februar
00:34 Uhr


„Meinst du, das funktioniert, Abigail?“ flüsterte Ducky leise und sah dabei zu, wie sie den roten Umschlag in den hohen Poststapel steckte, der in den frühen Morgenstunden ausgeteilt werden würde. Es war mitten in der Nacht, draußen war es bitterkalt und es schneite leicht. Anstatt in seinem warmen Bett zu schlafen und auf seine Mutter aufzupassen, hatte sich der Pathologe dafür entschieden, Abby ein wenig Gesellschaft zu leisten, während sie den Plan, den sie sich ausgedacht hatte, umsetzte. Er vergrub seine Hände in den Taschen seines Mantels und kam sich dank der Taschenlampe, die Abby auf einen Tisch in der Nähe gelegt hatte, wie ein Einbrecher vor, obwohl er das Recht hatte, sich in diesem Gebäude aufzuhalten. Vielleicht hegte er auch nur Zweifel daran, ob die Ausgeburt von einem Plan auch funktionierte.
„Glaub mir, Duckman, es kann nichts schiefgehen. Die beiden Sturköpfe werden einen wunderbaren Abend miteinander verbringen und wir sind ihr Gejammer von unerfüllter Liebe endgültig los!“ „Jethro jammert nicht“, erwiderte der Ältere und runzelte zweifelnd die Stirn. „Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass er da mitmachen wird. Wahrscheinlich wird er die Nachricht gleich in den Müll werfen, wenn er auch nur die erste Zeile gelesen hat.“ „Hab doch ein wenig Vertrauen in meine Fähigkeiten als Kupplerin. Gibbs mag es doch ein wenig mysteriös und er wird sicher wissen wollen, wer ihm die Karte geschickt hat.“ „Mit dem Wunsch, denjenigen zu erschießen“, fügte Ducky hinzu und atmete erleichtert auf, als Abby die Taschenlampe wieder in die Hand nahm und sie von unten an ihr Kinn hielt, sodass ihr Gesicht gespenstisch beschienen wurde. Er konnte sich ein gütiges Lächeln nicht verkneifen.
„Ich denke, das wird nicht passieren, Duckman. Er wird eher die Gelegenheit beim Schopf packen, den ersten Schritt wagen.“ „Wollen wir es hoffen“, seufzte er und folgte der jungen Goth aus dem Raum, dessen Tür mit einem leisen Knall hinter ihnen zufiel. „Und jetzt werden wir dafür sorgen, dass auch der zweite Sturkopf die Nachricht bekommt. Hast du den Tisch reserviert?“ fragte sie, ging zum Fahrstuhl und drückte den Knopf. Die Türen glitten sofort auf und beide betraten die kleine Kabine. „Natürlich habe ich das, Abigail. Und ich hoffe für uns beide, dass sie nicht herausfinden, wer das alles in die Wege geleitet hat. Sonst werden wir wohl demnächst selbst Gäste in der Pathologie sein.“ Abby schüttelte ihren Kopf, sodass ihre Rattenschwänze hin und her schwangen. „Die beiden werden uns viel zu dankbar sein, als dass sie böse sein könnten.“ „Ich hoffe für unsere Gesundheit, dass du recht hast.“

14. Februar
06:30 Uhr


Mit dem üblichen Becher starken Kaffees bewaffnet, verließ Gibbs den Fahrstuhl und eilte auf seinen Schreibtisch zu. Um diese Uhrzeit war es noch relativ ruhig, nur vereinzelte Agenten saßen an ihren Plätzen und arbeiteten an unfertigen Berichten. Selten klingelte ein Telefon und durchbrach die morgendliche Ruhe. Es würde ein schöner Tag werden, der nächtliche Schneefall hatte aufgehört und eine weiße Decke hinterlassen, die sich im Licht der aufgehenden Sonne in ein wahres Glitzermeer verwandeln würde. Es war eisig kalt und auf den Straßen hatte sich leichtes Glatteis gebildet, aber nichtsdestotrotz schien die gesamte Stadt in einer eigentümlichen Stimmung zu sein.
Bereits auf dem Weg zum Hauptquartier hatte Jethro jede Menge Schnulzenlieder im Radio gehört, gefolgt von unzähligen Anrufen von Verliebten, die berichteten, was sie in diesem Jahr ihrem Liebsten schenken wollten. Das ganze Getue um den Valentinstag ging ihm gewaltig auf den Geist, er hatte nie so richtig verstanden, was daran Besonderes sein sollte, jemanden ein großes rotes Plüschherz oder anderen Kitsch zu schenken. Wobei, wenn er es sich recht überlegte, gab es durchaus eine Person, mit der er diesen Abend verbringen oder solchen Kitsch schenken wollte.
Gibbs warf einen kurzen Blick zu Tonys verlassenen Schreibtisch, verwarf den Gedanken aber ganz schnell wieder, zog seinen Mantel aus, ließ sich in seinen Stuhl fallen und betrachtete nicht gerade erfreut den Poststapel, der sich vor seiner Nase türmte. Mit einem Knurren stellte er den Kaffeebecher auf den Tisch, ignorierte die Briefe, die seine Aufmerksamkeit forderten und wollte sich den Mails widmen, die er in der Nacht erhalten hatte, als ihm ein knallroter Umschlag ins Auge stach. Er steckte zwischen zwei blütenweißen Kuverts und fiel deshalb auf wie eine bunte Blume in einem Meer von schwarzen Rosen.
Jethro runzelte die Stirn, trank nachdenklich einen Schluck Kaffee und bevor er sich anders entscheiden konnte, zog er den roten Umschlag aus dem Stapel hervor. Er betrachtete ihn von allen Seiten, aber es gab nirgendwo einen Hinweis auf einen Absender. Angesichts des heutigen Datums ahnte er bereits, was sich darin befand und er spielte mit dem Gedanken, das Kuvert ungeöffnet in den Mülleimer zu schmeißen, aber dann siegte seine Neugier. Es konnte ja nicht schaden, einen Blick hineinzuwerfen und sei es nur, um zu erfahren, wer ihm eine Valentinstagskarte geschickt hatte, um denjenigen anschließend mit bloßen Händen zu erwürgen.
Der Ermittler schnappte sich seinen Brieföffner und innerhalb von Sekunden war er an den Inhalt gelangt. So als ob sie gleich explodieren würde, zog er mit Daumen- und Zeigefinger die herzförmige Karte aus dem Umschlag. Diese war genauso knallrot, komplett schmucklos und hatte keine Verzierungen, sah man von einem kleinen Engel ab, der sich in der linken oberen Hälfte befand und einen Pfeil mit herzförmiger Spitze in seinen Bogen gespannt hatte. Eher belustigt als verärgert, öffnete Gibbs die Karte und bereits bei der ersten maschinengedruckten Zeile entfuhr ihm ein Schnauben. Be my Valentine stand in großen Buchstaben ganz oben in der Mitte und wie könnte es anders sein, waren sie rot und aus einer herzförmigen Schrift.
Heute, 20 Uhr im Hotelrestaurant des Four Seasons. Ein Tisch auf den Namen Adelaide ist reserviert. Bring eine rote Rose mit. Du wirst mich erkennen, wenn du mich siehst. Jethro hob seine Augenbrauen und schüttelte gleich darauf den Kopf. Adelaide? Er kannte keine Frau mit diesem Namen, wobei er sich gleich darauf innerlich einen Idioten schimpfte. Der Name war sicher ein Pseudonym und es könnte sich praktisch jeder dahinter verstecken, vielleicht sogar ein Mann…
Unwillkürlich hob Gibbs den Blick, sah erneut zu Tonys Schreibtisch und sein Herz klopfte unwillkürlich schneller. Konnte es möglich sein, dass… Gleich darauf verpasste er sich gedanklich selbst eine Kopfnuss. DiNozzo würde nie auf die Idee kommen, ihm so eine Karte zu schicken, nicht sein Ich-habe-jede-Woche-eine-neue-Frau-Agent. Was sollte er auch mit seinem mürrischen Boss anfangen, der keine Gelegenheit ausließ, ihm einen Schlag auf den Hinterkopf zu verpassen? Und war es nicht so ein Klaps gewesen, der ihn in diese Situation gebracht hatte? Nach einer besonders harten Kopfnuss hatte er tief in Anthonys überrascht geweitete Augen geblickt, war in dem tiefen Grün förmlich versunken, gepaart mit dem Wunsch, den anderen Mann zu sich zu ziehen und ihn mitten im Großraumbüro zu küssen. Und dieser Wunsch war auch nach fast einem Jahr allgegenwärtig, allerdings mit dem Wissen verbunden, dass er mittlerweile auch sein Herz an Tony verschenkt hatte.
„Ach verdammt“, brummte Gibbs und wollte die Karte in den Mülleimer schmeißen, in dem Bestreben, die Einladung zu vergessen, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Ein drittes Mal schweifte sein Blick zu dem verlassenen Platz seines Agents, bevor er erneut auf die Karte blickte und die Worte las, die rot auf weiß gedruckt waren. Was könnte es schon schaden, um 20 Uhr im Four Seasons zu sein? Vielleicht würde sich sein geheimster Wunsch erfüllen und wenn nicht… dann konnte er denjenigen, der sich hinter dem Namen Adelaide verbarg, immer noch eigenhändig erschießen.

14. Februar
06:45 Uhr


„Verdammt!!!“ schrie ich schmerzhaft auf, als ich über den Schirmständer im Vorraum stolperte, der daraufhin mit einem lauten Poltern am Boden landete, während ich mit voller Wucht gegen die Haustür krachte, um zu verhindern, auf allen vieren auf der Erde zu landen. Dabei stieß ich unangenehm mit meinem rechten Knie gegen das Holz der Tür und konnte von Glück reden, dass ich nicht auch noch mit meinem Gesicht dagegen fiel und mir die Nase brach.
Beschissener konnte der Tag gar nicht anfangen. Zuerst beschloss der Wecker zu versagen, sodass ich 20 Minuten verschlafen hatte, dann musste ich erkennen, dass ich steinhart gewesen war, weil mich erneut Gibbs in meinen Träumen heimgesucht hatte. Und während ich versucht hatte, meine Morgenerektion unter der Dusche loszuwerden, war mir das Warmwasser ausgegangen. Durch den Kälteschock hätte ich fast einen Herzinfarkt erlitten, hatte aber nicht geholfen, Klein Tony zum Schweigen zu bringen, der weiterhin meine Aufmerksamkeit gefordert hatte.
Gefangen in den Nachwirkungen des Höhepunktes und den erotischen Vorstellungen wie Jethro vor mir auf die Knie sank, hatte ich es schließlich geschafft, mich halbwegs vernünftig anzuziehen und meine Haare in Form zu bringen, nur um gleich darauf in meiner Eile über diesen blöden Schirmständer zu stolpern.
Fluchend richtete ich mich wieder gerade auf, wobei mein Blick auf einen roten Umschlag fiel, der anscheinend unter der Tür hindurchgeschoben worden war. Verwirrt runzelte ich die Stirn und starrte ihn wie einen Fremdkörper an, bis mir einfiel, welcher Tag heute war. Neugierig, wer mir eine Valentinstagskarte schenkte, bückte ich mich, nahm das Kuvert auf und betrachtete es ausgiebig, fand aber keinen Absender, was mich nicht wirklich wunderte. Den Schmerz in meinem Knie vergessend, öffnete ich ohne lange darüber nachzudenken das Kuvert und zog eine knallrote, herzförmige Karte heraus, in deren oberen linken Ecke ein kleiner Amorengel abgebildet war, der nur darauf wartete, seinen Herzpfeil abzuschießen.
Wissbegierig öffnete ich die Karte, um endlich zu sehen, wer sie mir geschenkt hatte, seufzte aber gleich darauf enttäuscht, als ich erkannte, dass niemand unterschrieben hatte. Be my Valentine stand ganz oben in der Mitte, in großen herzförmigen roten Buchstaben. Heute, 20 Uhr im Hotelrestaurant des Four Seasons. Ein Tisch auf den Namen Adelaide ist reserviert. Du wirst mich an der roten Rose erkennen, die ich bei mir haben werde.
„Adelaide?“ fragte ich verwirrt in die Stille meiner Wohnung hinein. Ich kannte keine Frau, die so hieß, nicht einmal meine Nachbarin, die keinen Hehl daraus machte, mich attraktiv zu finden und keine Gelegenheit ausließ, um mit mir zu flirten. War es möglich, dass die Einladung von ihr stammte? Oder vielleicht von einer meiner zahlreichen Exfreundinnen, die sich hinter diesem Pseudonym versteckte, oder…? Ich schüttelte entschlossen den Kopf und legte die Karte auf den Tisch neben der Tür. „Sei kein Trottel, DiNozzo. Er würde so etwas nie machen. Als wenn er sich darum kümmern würde, dass heute der 14. Februar ist. Und er steht definitiv nicht auf Männer, dass beweisen ja schon die drei Exfrauen“, murmelte ich vor mich hin, während ich meine Jacke schnappte, hineinschlüpfte und meinen Rucksack nahm.
Noch immer unschlüssig darüber, ob ich die Einladung annehmen sollte, öffnete ich die Tür, trat auf den Gang hinaus, sperrte sorgfältig ab und eilte zur Treppe. Ich wusste nur eines, Gibbs hatte mir diese Karte sicher nicht unter der Tür hindurchgeschoben. Schon alleine deswegen, weil er nie auf die Idee kommen würde, sich hinter dem Namen Adelaide zu verstecken. Die Enttäuschung wurde immer größer und ich wünschte mir eines ums andere Mal, mich nicht in meinen Boss verknallt zu haben. Seit jenem Tag vor fast einem Jahr, als er mir diese wirklich schmerzhafte Kopfnuss verpasst und ich daraufhin tief in seine Augen geblickt hatte, in denen ein Funkeln getreten war, das ich vorhin an ihm noch nie wahrgenommen hatte, hatte ich keine Verabredung mehr mit einer Frau gehabt. Ständig hatte ich vorgegeben, zahlreiche Affären gehabt zu haben, während ich auf meinem Sofa gesessen und mir gewünscht hatte, ein grauhaariger, schlechtgelaunter Chefermittler würde bei mir sein.
Obwohl ich mir sicher war, dass es nicht Jethro sein würde, auf den ich im Four Seasons treffen würde, beschloss ich dorthin zu gehen. Vielleicht konnte ich mich für einen Abend von ihm ablenken, ein wenig mit der Person Spaß haben, die mir die Karte geschenkt hatte und anschließend wieder alleine in meine Wohnung zurückkehren. Zufrieden mit meinem Plan lief ich auf meinen Mustang zu, der mit einer weißen Schneehaube gekrönt war, übersah in meiner Eile ��" immerhin war ich viel zu spät dran ��" eine Eisplatte, rutschte aus, verlor das Gleichgewicht und landete ziemlich unsanft auf meinem Allerwertesten. „Verdammt!!!“

Mit leicht schmerzendem Steißbein und 30 Minuten zu spät, verließ ich den Fahrstuhl in der dritten Etage, eilte auf meinen Tisch zu, auf dem ein unglaublich hoher Aktenstapel thronte. Schockiert ließ ich meinen Rucksack auf den Boden fallen und blickte zu Ziva und McGee, die mich beide grinsend ansahen, während sie nur einen im Vergleich winzigen Aktenberg vor sich hatten. „Tja, Tony, das hast du davon, derart zu spät zu kommen“, feixte meine Kollegin und grinste noch breiter. Tim zog es vor, seine Schadenfreude stumm zu genießen, während mein Blick zu Gibbs’ Platz fiel, der aber verwaist war. Wenigstens hatte ich noch eine Gnadenfrist, bevor er mir den Kopf abriss und das dritte Mal diese Woche drohte, mich zu feuern.
„Mein Wecker ist kaputt“, sagte ich zu meiner Verteidigung und drehte mich zu Ziva, die lediglich ihre Augenbrauen hob. „Bist du sicher, dass es der Wecker war und nicht irgendeine Frau?“ wollte sie wissen und musterte mich herausfordernd. „Hundertprozentig sicher“, erwiderte ich, versteifte mich aber innerhalb einer Sekunde, als ich warmen Atem an meinem Nacken spürte. Unwillkürlich bildete sich auf meinem gesamten Körper eine Gänsehaut und ich musste heftig schlucken, um den großen Kloß in meinem Hals loszuwerden. „Wenn das so ist, DiNozzo“, grollte eine mir nur zu bekannte Stimme hinter mir, „dann kauf dir endlich einen funktionierenden Wecker.“ Ich setzte ein entwaffnendes Grinsen auf, bevor ich mich umdrehte und in funkelnde blaue Augen blickte, die meine Gänsehaut sofort in ein loderndes Flammenmeer verwandelte. „Morgen, Boss“, brachte ich hervor und sah ihn treuherzig an.
„Da du uns endlich mit deiner Anwesenheit beehrst, kannst du dich auf deinen Stuhl setzen und mit der Arbeit anfangen. Und bevor du nicht alle Akten bearbeitet hast, verlässt du nicht deinen Platz, haben wir uns verstanden?“ „Was ist, wenn ich auf die Toilette muss?“ fragte ich und schon landete seine flache Hand zielsicher auf meinem Hinterkopf. „Dir stehen drei Pinkelpausen zur Verfügung, also überleg dir gut, wie du sie dir einteilst“, brummte er, während ich mir über die schmerzende Stelle fuhr. „Das ist ja schlimmer wie in einem Gefängnis“, murrte ich und löste mich endlich von seinen blauen Augen, die mich Tag und Nacht verfolgten. „Vielleicht lernst du so, pünktlich zu erscheinen. Und wenn du ein Problem damit hast, kannst du dir auch einen anderen Job suchen, DiNozzo.“ „Verstanden, Boss“, murmelte ich, während sich in meinem Inneren Traurigkeit ausbreitete. Hier war also der letzte Beweis, dass es nicht Gibbs gewesen war, der mich ins Four Seasons eingeladen hatte. Wenn er wirklich dahinter stecken würde, hätte er mich sicher nicht so zur Schnecke gemacht. Oder?
Ich blickte ihm nach, wie er zu seinem Tisch eilte, sich auf seinen Stuhl setzte und mich ignorierte. Niedergeschlagen zog ich meine Jacke aus und ließ mich ebenfalls auf meinen Sessel fallen. Gegenüber kicherte Ziva vor sich hin, McGee hingegen war der Einzige, der so etwas wie Mitgefühl zeigte und mir aufmunternd zunickte. Seufzend nahm ich die erste Akte und ich wusste, ich musste mich diesmal mit der langweiligen Schreibarbeit beeilen, wollte ich am Abend pünktlich zur Verabredung erscheinen.

14. Februar
19:57


Ich betrat die Hotelhalle des Four Seasons und hatte sofort das Gefühl, in einer anderen Welt gelandet zu sein. Luxus pur war hier groß geschrieben, an der hohen Decke hing ein riesiger Kronleuchter, der für sanftes Licht sorgte, eine geschwungene Treppe führte ihn die oberen Etagen und weiter hinten waren diskret Fahrstühle in die Wand eingelassen. Gemütliche Sessel um runde Glastische gruppiert waren aufgestellt worden und saftig grüne Zimmerpflanzen sorgten für die richtige Atmosphäre. Überall eilten Pagen hin und her, Gäste in teuren Abendkleidern strebten auf den Ausgang zu oder gingen ins Restaurant, zu dem ich mich ebenfalls wandte.
Im Gehen zog ich meinen schwarzen Mantel aus und hing ihn mir über den linken Arm, versuchte mich der vornehmen Etikette hier anzupassen. Ich hatte eine kleine Ewigkeit vor meinem Kleiderschrank verbracht und mir überlegt, was ich anziehen sollte. Obwohl ich damit rechnete, auf irgendeine Ex von mir zu treffen, hatte mir eine innere Stimme zugeflüstert, dass ich den schwarzen maßgeschneiderten Armanianzug nehmen sollte, von dem ich wusste, dass er mir hervorragend stand. Anschließend hatte ich zehn Minuten vor dem Badezimmerspiegel verbracht, um meine Haare in Form zu bringen, hatte mein Lieblingsparfum von Hugo Boss aufgetragen und mir dabei gewünscht, es würde Gibbs sein, der das Endergebnis sehen würde.
Den ganzen Tag über hatte er mich richtiggehend ignoriert, außer ich war auf die Toilette verschwunden. Er hatte wirklich darauf aufgepasst, dass ich die drei Mal nicht überschritt und hatte mir eine weitere Kopfnuss verpasst, als ich mich beschwert hatte, dass ich Hunger und er mir nicht erlaubt hatte, mir etwas zu essen zu holen. Auch hier war mir McGee wieder zur Hilfe geeilt und hatte mich mit einem großen Hamburger versorgt, weshalb ich beschlossen hatte, ihn bald auf einen Kaffee einzuladen. Die Zeit hatte sich wie Kaugummi gezogen und obwohl mir todlangweilig gewesen war, hatte ich es geschafft, rechtzeitig alle Akten zu beenden, die ich kurz vor Feierabend auf Gibbs’ Tisch gelegt hatte, was er lediglich mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis genommen hatte.
Mit dem Gefühl, mein Herz würde in tausend Stücke zerspringen und den Tränen nahe, war ich schließlich nach Hause gefahren, mich selbst verfluchend, dass ich es zuließ, dass ich auf seine schroffe und abwesende Art derart reagierte. Aber ich hatte mich am Riemen gerissen - eine Dusche später hatte ich mich viel besser gefühlt und meinen Boss in einen hinteren Teil meines Gehirns eingesperrt, mit dem Ziel, dass er mir diesen Abend nicht vermiesen würde.

Ich betrat das Restaurant und reichte einem Kellner, der sofort herbeieilte, meinen Mantel, mit dem er Richtung Garderobe verschwand. Neugierig ließ ich meinen Blick über die Tische schweifen, die in regelmäßigen Abständen in dem großen Raum aufgestellt waren. Die meisten waren besetzt, die Unterhaltungen gedämpft und wurden von leiser klassischer Musik untermalt. Nur hin und wieder erklang das Geräusch von Besteck oder das Klirren von Gläsern, wenn jemand mit seinem Partner anstieß. Auch hier waren geschmackvolle Zimmerpflanzen aufgestellt worden und zusätzlich verströmten exotische Blumen einen leichten Duft.
„Kann ich Ihnen helfen, Sir?“ fragte der Mann, der mir vorhin den Mantel abgenommen hatte. Er war ein Stück kleiner als ich, hatte ein rundes Gesicht, braune Haare und graue Augen, die mich freundlich musterten. „Ich…“ begann ich, aber mir blieben gleich darauf die Worte im Hals stecken, als ich ihn entdeckte. Er saß in einer der wenigen Nischen schräg links von der Tür an der hinteren Wand und sah zu mir herüber. Unsere Blicke begegneten sich und mein Herz setzte einen Schlag aus, nur um gleich darauf doppelt so schnell weiterzuklopfen. Mein Hals war viel zu eng, um zu atmen und für einen kurzen Moment schien es nur uns zu geben. Überrascht weiteten sich meine Augen, spiegelten die gleiche Verblüffung wider, die auf sein Gesicht trat. Meine Hände wurden feucht und meine Knie schienen sich in Wackelpudding zu verwandeln. Und dann sah ich sie, die rote Rose, die neben Gibbs’ linken Arm auf dem blütenweißen Tischtuch lag.
Ich ließ den Kellner stehen, der mich noch immer anstarrte und ging auf Jethro zu, der mich nicht aus den Augen ließ, jede meiner Bewegungen zu verfolgen schien. Mir schlug das Herz bis zum Hals, ich war nervöser als ein Teenager vor seiner ersten Verabredung und ich hatte das Gefühl, als wäre ich in einem Traum gefangen. Ich konnte es nicht glauben… die Karte war also doch von meinem Boss, von dem Mann, der mich heute so mies behandelt hatte und dem ich trotzdem nicht böse sein konnte.
Gibbs trug wie ich einen schwarzen Anzug, seine Haare waren ordentlich frisiert und an seinem Handgelenk glitzerte das silberne Armband, das er nie abzunehmen schien. Er war derart attraktiv, dass es mir die Sprache verschlug und ich nichts weiter tun konnte, als ihn anzustarren, während ich mich ihm Schritt für Schritt näherte. Seine Verblüffung verschwand ��" von der ich mich trotz meines schwebenden Zustandes wunderte, warum sie bei ihm überhaupt vorhanden war ��" und auf seinen Lippen bildete sich ein Lächeln, das ich bei ihm noch nie wahrgenommen hatte, voller Wärme und Zärtlichkeit.
Mein Herzschlag steigerte sich noch mehr, als ich den Tisch erreicht hatte - mit zitternden Knien und ein wenig zögernd setzte ich mich ihm schließlich gegenüber auf den Stuhl. Ich konnte meinen Blick nicht von seinem Gesicht abwenden und noch immer konnte ich es nicht glauben, dass es Gibbs war, der mich eingeladen hatte. Mein innerlichster Wunsch war also endlich in Erfüllung gegangen und jetzt, wo wir hier waren, in diesem schicken Restaurant, brachte ich keinen einzigen Ton hervor, wusste ich nicht, was ich sagen sollte.

Jethro legte seinen Kopf schief, weswegen ich mich schließlich räusperte, meine Hände auf den Tisch legte und verlegen auf dem Stuhl hin- und herrutschte. „Uhmm, hi“, brachte ich schließlich hervor und kam mir wie der letzte Trottel auf Erden vor. „Ich… ähm… bin ein wenig überrascht, dich hier zu sehen“, fügte ich hinzu und wünschte mir, meine Ohren würden sich nicht rot verfärben. Gibbs hob seine Augenbrauen und beugte sich ein wenig nach vorne. „DU bist überrascht, MICH zu sehen? Immerhin hast du mir diese Valentinstagskarte geschickt“, sagte er und jetzt war es an mir, meine Augenbrauen zu heben. „Aber ich dachte, DU hast MICH eingeladen“, erwiderte ich und meine Eingeweide verwandelten sich in einen harten Knoten. Erneut überkam mich riesige Enttäuschung, als ich erkannte, dass wir wohl beide aufs Kreuz gelegt worden waren. Ich hätte es wissen müssen - bereits als ich ihn an diesem Tisch sitzen gesehen hatte - dass er sich nicht freiwillig mit mir zum Abendessen verabredet hatte.
Wir sahen uns an und für ein paar Sekunden herrschte Schweigen, bis wir beide ein synchrones „Abby!“ von uns gaben. Trotz meiner neuerlichen Niedergeschlagenheit konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen und Gibbs schüttelte sichtlich amüsiert seinen Kopf. „Und was machen wir jetzt?“ fragte ich als ich den Kellner bemerkte, der mir vorhin seine Hilfe angeboten hatte. Er kam auf unseren Tisch zu und hielt zwei Speisekarten in den Händen. „Nun, wo wir schon einmal hier sind und sich eine gewisse Laborantin solche Mühe gegeben hat, uns hierher zu bringen, sollten wir das ausnützen“, antwortete Jethro, weshalb ich mich in dem Restaurant skeptisch umsah und ihn schließlich wieder anblickte. „Ähm, meinst du nicht, dass das ein wenig zu teuer ist, Boss?“ wollte ich wissen und knetete nervös meine Finger. Der harte Knoten, der meine Eingeweide gewesen war, löste sich wieder auf, als ich erkannte, dass Gibbs nicht vorhatte, mich von hier zu verjagen oder schreiend das Weite suchen, weil ich keine heiße rothaarige Frau war, von der er vielleicht gedacht hatte, dass sie ihn eingeladen hatte.
„Mach dir darüber mal keine Sorgen, Tony“, sagte er und nahm die Karte, die ihm der Kellner hinhielt, „ich werde deswegen nicht gleich im Armenhaus landen.“ „Heißt das, du lädst mich ein?“ fragte ich verblüfft und nahm ebenfalls die Speisekarte entgegen. Gibbs warf mir einen vielsagenden Blick zu und bestellte zwei Gläser eines Weines, von dem ich noch nie gehört hatte. Aber ich protestierte nicht, sondern wartete darauf, dass der Kellner uns wieder alleine ließ, bevor ich mich nach vorne beugte und auf seine Antwort wartete. „Genau das heißt es“, erwiderte er und lehnte sich ebenfalls nach vorne, sodass ich seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren konnte.
Mein Herzschlag, der sich kurzfristig beruhigt hatte, erhöhte sich erneut und ich hatte das Gefühl, dass er in dem gesamten Raum zu hören sein musste. „Ist das ein Date?“ bohrte ich nach, was Gibbs ein kleines Lächeln entlockte. Er entspannte sich sichtlich, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und öffnete die Speisekarte. „Willst du denn, dass es ein Date ist, Tony?“ fragte er mit tiefer Stimme, die mir einen heißen Schauer über den Rücken jagte. Mein Hals wurde staubtrocken und ich musste mich erneut räuspern. „Also… uhm…“ stotterte ich herum, bevor ich mir innerlich einen Ruck gab und mich ermahnte, mich nicht so dämlich anzustellen. Hier war sie doch, die Chance, auf die ich fast ein Jahr gewartet hatte. „Ja, ich will, dass es ein Date ist“, antwortete ich entschlossen und als ob meine Worte die restliche Barriere zwischen uns eingerissen hätte, sah ich sie zum ersten Mal, sah ich die Gefühle, die in Jethros blauen Augen leuchteten ��" Gefühle, die nur mir galten und die er bis jetzt vor mir verborgen hatte. Mir stockte der Atem, als mir bewusst wurde, dass es für uns beide kein Zurück mehr gab und dass sich etwas zwischen uns verändert hatte. Wir waren auf einmal nicht mehr Vorgesetzter und Untergebener, sondern auf gleicher Ebene und Gibbs schien das wie mir nur allzu recht zu sein.
„Dann ist es auch ein Date“, sagte er und ich lächelte ihn erfreut an. Schlagartig fühlte ich mich herrlich entspannt und die Nervosität verschwand vollends aus meinem Körper. Ich nahm die Karte und schlug sie auf. „Und Tony?“ kam es von meinem Gegenüber, der mich eingehend musterte. „Ja, Boss?“ erwiderte ich automatisch, was mir einen strafenden Blick einbrachte. „Da wir nicht in der Arbeit sind und das hier eine Verabredung ist, solltest du mich nicht Boss nennen, sondern Jethro.“ Ich blinzelte ein paar Mal, ehe ich glücklich nickte und das Lächeln überhaupt nicht mehr aus meinem Gesicht brachte. „In Ordnung, Bo… Jethro.“ In seine Augen trat ein liebevolles Funkeln, bevor er sich der Speisekarte widmete. Jetzt, wo der erste Schrecken vorbei war und ich mich restlos entspannt hatte, merkte ich, wie hungrig ich wirklich war. Neugierig überflog ich die köstlichen Speisen und versuchte nicht auf die beachtlichen Preise zu achten, die daneben aufgelistet waren. Immerhin hatte Gibbs gemeint, ich sollte mir deswegen keine Sorgen machen.
So schrecklich dieser Tag auch anfangen hatte, umso erfreuter würde er enden. Auch wenn das Ganze von Abby in die Wege geleitet worden war, so war keiner von uns sauer deswegen, im Gegenteil. Ich war ihr so dankbar, dass ich ihr wohl bald einen überdimensionalen Strauß schwarzer Rosen schenken würde. Es war also doch keine schlechte Idee gewesen, ihr vor Wochen mein Herz auszuschütten.

„Auf so eine Idee konnte auch nur Abby kommen“, sagte Gibbs schließlich, als der Kellner unsere Bestellung aufgenommen hatte und in Richtung Küche verschwand. Ich nahm das Glas mit dem Weißwein und stieß mit Jethro an. „Alleine der Name Adelaide hätte sie verraten müssen“, erwiderte ich und nahm einen Schluck. Der Wein schmeckte herrlich, prickelte leicht auf meiner Zunge und angenehme Wärme strömte von meinem Magen aus, wobei ich mir sicher war, dass diese nicht nur von dem Alkohol herrührte.
„Immerhin ist er ein wenig mysteriös und erinnert mich an einen weiblichen Vampir“, fuhr ich fort und entlockte meinem Gegenüber ein leises Lachen. Er stellte das Glas zurück, legte den Kopf schief und musterte mich eingehend. Die Wärme verwandelte sich in Hitze und ich spürte, wie sich meine Wangen verfärbten. „Der Anzug steht dir hervorragend, Tony“, meinte Gibbs schließlich leise und so als ob es das Natürlichste der Welt wäre, streckte er seinen Arm aus, umfasst die Finger meiner rechten Hand und streichelte sanft mit seinem Daumen über meinen Handrücken. Unzählige kleine Schauder durchfuhren mich und ich verlor mich in dem Blau seiner Augen. Seine Finger waren herrlich warm und seine Berührung unglaublich sanft. In diesem Moment erinnerte nichts mehr an den knallharten Chefermittler und ich konnte es nicht glauben, dass ausgerechnet ich es war, dem er diese Seite an ihm zeigte.
„Du siehst ebenfalls hervorragend aus, Jethro“, sagte ich und ließ seinen Namen regelrecht auf meiner Zunge zergehen. „Obwohl, wenn ich es mir recht überlege, siehst du immer hervorragend aus“, fügte ich einer inneren Stimme folgend hinzu. „Versuchst du mit mir zu flirten?“ wollte er amüsiert wissen und verstärkte seinen Griff um meine Finger. „Ich versuche es nicht, ich mache es“, gab ich ohne zu zögern zu und biss mir kokett auf die Unterlippe. Gibbs schluckte sichtlich und wenn ich mich nicht täuschte, waren es auf einmal seine Wangen, die ein Hauch von Rot zierte.

„Und ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, nicht hierher zu kommen“, durchbrach er nach ein paar Minuten unser harmonisches Schweigen, bei dem wir uns nur angeblickt und die Nähe zueinander genossen hatten. Unsere Finger waren mittlerweile miteinander verschränkt und ich hatte das Gefühl, auf Wolke sieben zu schweben. „Bist du enttäuscht, weil du hierher gekommen bist?“ fragte ich leise und hielt unwillkürlich die Luft an. Er schüttelte den Kopf und erneut trat Zärtlichkeit in seinen Blick. „Ganz und gar nicht, im Gegenteil. Innerlich habe ich gehofft, dass du es sein wirst, den ich hier treffe“, antwortete er ehrlich und drückte meine Finger. Mein Puls schoss bei diesem Geständnis in die Höhe und ich war noch nie in meinem Leben so gerührt gewesen.
„Und was ist mit Regel zwölf?“ wollte ich vorsichtig wissen und trank einen weiteren Schluck des köstlichen Weines. „Ich habe diese Regel aufgestellt, Tony. Somit kann ich sie auch brechen wann und mit wem ich will. Und du bist der Einzige, für den ich meine gesamten Regeln über Bord werfen würde“, fügte er bestimmt hinzu. „Oh“, war alles was ich hervorbrachte und war wirklich sprachlos. Ich hatte es noch nie erlebt, dass er mir gegenüber so offen war und dass er mir zeigte, was er für mich empfand. Bis jetzt hatte er es noch nicht gesagt, aber ich hatte es erkannt, hatte es in seinen Augen gesehen.
So ein Abendessen hätten wir auch schon vor einem Jahr haben können, wären wir nicht zu blind gewesen, um zu erkennen, was in dem jeweils anderen vorging. Im Nachhinein war es mehr als offensichtlich, jetzt machten die bergeweise Kopfnüsse einen Sinn oder dass ich ihm bei Außeneinsätze viel öfters Gesellschaft hatte leisten müssen als Ziva oder McGee. Genauso konnte ich mir auf einmal einen Reim auf die Blicke machen, die ich auf mir gefühlt hatte, obwohl ich jedes Mal den Eindruck gehabt hatte, dass ich sie mir eingebildet hatte, da mich Gibbs nie beobachtet hatte als ich aufgesehen hatte.

„Dafür, dass wir beide ausgebildete Bundesagenten sind, waren wir ziemlich planlos“, sagte ich schließlich und bemerkte aus den Augenwinkeln den Kellner, der unser Essen brachte. Schweren Herzens lösten wir unsere Finger voneinander, wobei uns der Ober einen wissenden Blick zuwarf, während er die Teller auf den Tisch stellte. Ich hatte mich für die Fischvariationen mit Kartoffeln und Zitronemarinade entschieden, während Jethro das Steak nach Art des Hauses bevorzugt hatte. Alleine beim Anblick der Babykarotten lief mir das Wasser im Hals zusammen ��" ich liebte Karotten.
Der Kellner wünschte uns einen guten Appetit und ließ uns wieder alleine. Gibbs nahm das Besteck, aber bevor er sich über sein Essen hermachte, sah er mich an und lächelte leicht. „Wenn es um Gefühle geht, bin ich nicht gerade ein Meister sie zu zeigen, vor allem, wo du immer mit deinen Affären geprahlt hast. Wobei ich annehme, dass das alles nur Fassade war.“ „Erwischt“, gab ich zu, schnappte mir Messer und Gabel und versuchte das Knurren meines Magens zu unterdrücken. „Und was ist mir dir? Ich hatte angenommen, du bist vollkommen dem weiblichen Geschlecht zugetan.“ „Bin ich eigentlich auch, bis auf eine Ausnahme und diese Ausnahme bist du, Tony. Du hast mich sozusagen bekehrt.“ „Willst du mich deswegen jetzt erschießen?“ wollte ich neckend wissen und schob mir einen Bissen des Fisches in den Mund. Seine Worte ließen sämtliche Ameisen, die ich besaß, aus meinem Magen ausströmen und überzogen meinen Körper mit einem intensiven Prickeln.
„Nein, ich habe eher an etwas anderes gedacht“, antwortete Jethro und spießte eine Babykarotte auf, betrachtete sie kurz, bevor er mir die Gabel hinhielt. „Ich habe deinen Blick bemerkt, Tony“, erwiderte er auf meine erhobenen Augenbrauen. „Oh.“ Das Wort schien auf einmal zu meinem Standartvokabular zu gehören. Ich griff nach der Gabel, aber Gibbs schüttelte den Kopf und endlich begriff ich. Ich beugte mich nach vorne, öffnete den Mund und ließ es zu, dass er mich fütterte. Er ließ mich nicht aus den Augen und schien jede Bewegung meinerseits zu beobachten ��" die Ameisen verwandelten sich in einen Schwarm Schmetterlinge.
„Hmmm“, machte ich genießerisch und ich leckte mir unwillkürlich über die Lippen. „Also, woran hast du gedacht?“ frage ich, als ich hinuntergeschluckt hatte. Jethro schnitt seelenruhig ein Stück seines Steaks herunter, ehe er mir antwortete. „Das werde ich dir nachher verraten.“ Seine Stimme klang derart verführerisch, dass ich am liebsten über den Tisch geklettert wäre und ihn leidenschaftlich geküsst hätte.
Anstatt nachzubohren, da ich aus Erfahrung wusste, dass er unheimlich stur sein konnte, spießte ich ein Stück des Fisches auf meine Gabel und hielt sie Gibbs hin. „So weit ich weiß, magst du Fisch“, sagte ich lächelnd, „und ich habe deinen vorherigen Blick bemerkt, Jethro.“ Er lachte leise, beugte sich nach vorne und ließ sich widerstandslos füttern. Die Tatsache, dass wir jederzeit beobachtet werden konnten, schien ihn nicht zu stören und er war sichtlich entspannt. Es freute mich unglaublich, dass er meine Gegenwart derart genoss und einfach er selbst war, sich nicht hinter der mürrischen Maske des Chefermittlers versteckte.

Der Abend verging für meinen Geschmack viel zu schnell und ehe ich mich versah, holten Gibbs und ich unsere Mäntel von der Garderobe. Ich hatte doch ein wenig ein schlechtes Gewissen, da das Essen wirklich nicht billig gewesen war, aber Jethro hatte mir erneut versichert, dass es in Ordnung sei und ich mir nicht den Kopf darüber zerbrechen sollte. Wir hatten uns die ganze Zeit entspannt unterhalten, hatten über Gott und die Welt geredet, uns ein wenig über die neue Frisur von Madame Direktor lustig gemacht und überlegt, was McGee wohl in seinem Buch schreiben würde. Es war schon lange her, dass ich mich derart wohl gefühlt hatte und ich hatte nicht gewusst, dass Gibbs so oft lachen oder dass er mich zum Lachen bringen konnte. Es war, als ob ich einem ganz anderen Menschen gegenüber gesessen wäre und der Schwarm Schmetterlinge in mir hatte sich zu einer wahren Herde verwandelt.
Ich schlüpfte in meinen Mantel und ging neben Jethro zum Ausgang. Mittlerweile war es kurz nach 22 Uhr und draußen erwartete uns ein wahres Sternenmeer. Keine Wolke war zu sehen und der Mond leuchtete voll und hell vom Himmel. Atemwölkchen stoben von unseren Mündern nach oben, während wir langsam zu unseren Wagen gingen, die auf dem Parkplatz für die Restaurantbesucher standen. Ganz der Gentleman brachte mich Jethro bis zu meinem Mustang, wo ich neben der Fahrertür stehen blieb. Jetzt hieß es wohl Abschied nehmen, wenn auch nur für ein paar Stunden.
„Vielen Dank für den wunderschönen Abend“, sagte ich leise, so als ob ich fürchtete, dass meine Stimme die Stimmung zerstören würde. „Nein, Tony, ich danke dir für diesen herrlichen Abend“, erwiderte er und hielt mir die rote Rose hin, die er die ganze Zeit neben sich liegen gehabt und wieder mitgenommen hatte. Vorsichtig, um mich nicht an den Dornen zu stechen, nahm ich sie und schnupperte kurz an den Blütenblättern. „Schade, dass der Abend zu Ende ist“, meinte ich eine Spur betrübt, worauf Gibbs einen Schritt nach vorne trat, sodass ich mit dem Rücken an meinen Wagen gedrängt dastand.
„Der Abend muss noch nicht zu Ende sein“, erwiderte er und ich konnte seinen Atem auf meiner Haut fühlen, als er noch näher kam. Das Herz schlug mir bis zum Hals und mir stockte kurz der Atem, als er seine rechte Hand auf meine linke Wange legte, die er sachte mit seinem Daumen streichelte. Ich sah tief in seine Augen, bevor ich kurz meinen Blick zu seinen Lippen schweifen ließ, ehe ich mich erneut in seinen Augen verlor. „Jethro“, hauchte ich und beugte mich ein wenig nach vorne. Ein zärtliches Lächeln erschien auf seinen Lippen.
„Ich liebe dich, Anthony DiNozzo“, sagte er mit fester Stimme und mein Herz schien Purzelbäume zu schlagen. Da waren sie, die Worte auf die ich gewartet hatte und die das ausdrückten, was ich vorhin in seinen Augen bemerkt hatte. Mein Mund verzog sich zu einem Lächeln voller Freude und Glück. Ich hob meine freie Hand und legte sie in seinen Nacken, streichelte sanft durch seine Haare, die sich viel besser anfühlten als ich es je für möglich gehalten hatte. „Und ich liebe dich, Leroy Jethro Gibbs“, erwiderte ich schließlich. Für die Dauer eines Herzschlages blickten wir uns noch an, ehe sich unsere Lippen zu einem ersten Kuss trafen ��" einen Kuss, den ich seit einem Jahr herbeigesehnt hatte. Ich schloss meine Augen und ließ mich einfach fallen, überließ mich den Empfindungen, die mich überfielen, als ich realisierte, dass ich endlich in den Armen des Mannes war, den ich über alles liebte.
Unser Kuss war zärtlich, spielerisch und als Gibbs mit seiner Zunge um Einlass bat, öffnete ich ohne zu zögern meinen Mund. Er ließ meine Wange los und umschlag mit seinen Armen meine Taille, zog mich noch näher an sich, während wir den Kuss vertieften.
Jethro schmeckte einfach herrlich, nach dem Steak und dem Wein und nach etwas, das sein ureigenes Aroma und unglaublich männlich war. Seine Lippen waren noch weicher als ich sie mir in meinen schönsten Träumen vorgestellt hatte und ich hätte für immer hier bei meinem Mustang stehen und ihn küssen können. Aber schließlich lösten wir uns langsam voneinander, als sich Sauerstoffmangel bemerkbar machte und ich lehnte glücklich meine Stirn gegen seine. „Ich schätze, dass war die Alternative zum Erschießen, oder?“ fragte ich und erhielt ein freudiges Lachen als Antwort.
„Was meinst du?“ fügte ich etwas schüchtern hinzu und blickte ihn an. „Zu dir oder zu mir?“ In seine Augen trat ein begehrliches Funkeln, das mich ganz hibbelig machte. „Zu mir. Das ist näher“, erwiderte er und löste seine Stirn von meiner. „Aber wir nehmen deinen Wagen, wo wir schon mal hier sind.“ Ohne auf eine Antwort meinerseits zu warten, beugte er sich nach vor und verschloss meinen Mund zu einem weiteren atemraubenden Kuss, in dem ein Versprechen für die kommende Nacht lag ��" eine Nacht, für die ursprünglich Abby verantwortlich war. Wenn sie nicht gewesen wäre, würde ich nicht hier stehen, Jethros Arme um meinen Körper geschlungen und ihn küssen, als ob es keinen Morgen mehr geben würde. Und dieser Morgen war momentan in weiter Ferne…

Fortsetzung folgt...
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