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15. Februar
00:33 Uhr


Ich lag eng an Gibbs gekuschelt, hatte meinen Kopf auf seine linke Schulter gebettet und streichelte zärtlich über seine Brust, konnte gar nicht genug davon bekommen, seine Haut unter meinen Fingerspitzen zu spüren. Mit seinem Arm hielt er mich umschlungen, liebkoste meinen Oberarm und ließ mich beinahe wie eine Katze schnurren. Unter der Decke, die uns bis zur Hüfte reichte, waren unsere Beine miteinander verschlungen, wobei sich sein Glied ein wenig gegen meinen Oberschenkel drückte. Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich mich jemals so wohl gefühlt hatte, so herrlich entspannt, als ob mir jemand vor kurzem eine Massage verabreicht hätte. Jethros körperliche Nähe war wie Balsam und ich wünschte, wir könnten ewig hier liegen bleiben und uns kleine Streicheleinheiten schenken so wie jetzt.
Tief in meinem Inneren konnte ich noch immer nicht glauben, wie dieser Tag schlussendlich geendet hatte. Ich war wirklich der Verzweiflung nahe gewesen, als mich Gibbs die ganze Zeit über ignoriert und mich behandelt hätte, als wäre ich unsichtbar. Durch sein Verhalten hätte ich nie geglaubt, dass es Liebe war, die er für mich empfand. Das war auch der Grund, warum er mich in den letzten Wochen und Monaten öfters als sonst mit Kopfnüssen bestraft, mir mehr Aktenarbeit als den anderen und mich an Tatorten viel mehr herumgescheucht hatte. Während unserer gemeinsamen Dusche, die den Schweiß und Jethros Samen von unseren Körper fortgespült hatte, hatte er mir gestanden, warum er mich derart schlecht behandelt hatte â€" aus Angst, dass ich herausfinden könnte, was in seinem Inneren vorging und ihn anschließend zurückweisen würde.
Zurückweisen wäre allerdings das letzte, was ich je machen würde und in diesem Moment war ich so glücklich wie noch nie zuvor. Es war der schönste Abend gewesen, den ich je erlebt hatte, nie hätte ich gedacht, dass Gibbs mir gegenüber so zärtlich sein konnte, sich mir vollkommen öffnete und mich hinter seine sonst unnahbare Maske hatte blicken lassen. Selbst wenn er diese wieder am Morgen aufsetzen würde, würde ich in ihm ab sofort wie in einem offenen Buch lesen können. Aber ich wusste, dass ihm das nichts ausmachte. Zwischen uns hatte sich innerhalb von wenigen Minuten alles verändert und ich wollte auch gar nicht, dass es jemals wieder wie zuvor wurde. Zu sehr genoss ich das Gefühl, geliebt und umsorgt zu werden und das Wissen, dass ich nie wieder in ein leeres Apartment zurückkehren würde, dass es immer jemanden gab, mit dem ich in Zukunft die Abende und Wochenenden verbringen konnte. Unser beider Leben hatte dank Abbys Initiative eine erfreute Wende genommen…

Ich seufzte glücklich und drückte Jethro einen sanften Kuss auf das Schlüsselbein, was er damit quittierte, indem er mich noch näher an sich zog und mich seinerseits in die Haare küsste. Vor allem mein Hinterkopf bekam auf einmal unglaublich viele Liebkosungen, so als ob er mich dafür entschädigen wollte, dass dieser immer das Ziel seiner zahlreichen Kopfnüsse gewesen war. Würde ich McGee oder Ziva von dieser einfühlsamen Seite erzählen, würden sie mir das ohne Beweis garantiert nicht abkaufen â€" und würde ich es nicht gerade selbst erleben, würde ich es wahrscheinlich auch nicht glauben.
Und es bedeutete mir unglaublich viel, dass ich Gibbs’ Erster gewesen war, dass er bis jetzt niemanden so sehr vertraut hatte, um sich ihm hinzugeben. Manchmal wünschte ich mir, ich hätte auch länger gewartet, dann wäre mein erstes Mal mit einem Mann nicht so schmerzhaft ausgefallen. Seinen Namen wusste ich gar nicht mehr, ich wusste nur noch, dass ich ihn auf einer Party am College kennen gelernt hatte und zu betrunken gewesen war, um wirklich zu wissen, was ich machte, welchen Schritt ich dabei war, zu tun. Und der Typ war viel zu erregt gewesen, um vorsichtig oder langsam zu sein. Ich hatte tagelang danach das Gefühl gehabt, nie wieder richtig sitzen zu können. Wegen dieser nicht gerade berauschenden Erfahrung hatte ich es Jethro so angenehm wie möglich machen wollen â€" und es war mir auch gelungen. Bis auf die anfänglichen Schmerzen hatte er keine gehabt, hatte es richtig genossen, mir so nahe sein zu können, hatte es genossen, dass ich zu ihm so zärtlich gewesen war â€" auch das hatte er mir während unserer Dusche gestanden.

„Hast du Abby auch von deinen Gefühlen erzählt oder warum war sie sich so sicher, dass du die Karte nicht einfach wegschmeißen würdest?“ fragte ich schließlich, hörte auf, Gibbs zu streicheln und legte meine Hand auf die Stelle, wo sein Herz kräftig schlug. Er hob seinen freien Arm und verschränkte seine Finger mit den meinen. „Ich habe ihr nie erzählt, wie es in meinem Inneren aussieht. Der einzige, der davon gewusst hat, war Ducky.“ „Ducky?“ Eigentlich überraschte mich das nicht, entging dem Pathologen doch so gut wie gar nichts und er war einer der wenigen, der ständig zu wissen schien, was in Jethro vorging.
„Er hat mich vor etwa drei Monaten gefragt, wann ich denn gedenke, dir endlich zu sagen, dass ich dich liebe“, erwiderte er und drückte einen weiteren Kuss in meine Haare. Ein Lächeln umspielte meine Lippen und ich schmiegte mich noch näher an ihn. „Er hat das wirklich derart direkt gefragt? Ohne zu zögern?“ „Ohne zu zögern. In der einen Sekunde haben wir noch über die Ergebnisse der Autopsie gesprochen, in der nächsten bereits über meine Gefühle. Ich war viel zu überrumpelt, um irgendetwas abzustreiten.“ „Du und überrumpelt?“ Ich lachte leise bei der Vorstellung seines überraschten Gesichtsausdruckes. „Kaum zu glauben“, fügte ich gleich darauf hinzu und hob ein wenig meinen Kopf, sodass ich ihn anblicken konnte.
Die Farbe seiner Augen war dank des gedämpften Lichtes der Nachttischlampe ein dunkles Blau und erinnerte mich an die Tiefen eines Ozeans. Ich drückte seine Finger und mein Herz begann schneller zu schlagen, als sich seine Lippen zu einem zärtlichen Lächeln verzogen. In meinem gesamten Bauch schienen Tausende von Schmetterlingen unterwegs zu sein, die meinen Körper mit einem intensiven Prickeln überzogen. Aber gleich darauf schoss mir ein Gedanke durch den Kopf und ich setzte mich kerzengerade auf. Da unsere Beine weiterhin miteinander verschlungen waren, diente mir sein linker Oberschenkel als Stuhl, aber ihn schien das nicht zu stören.
„Was?“ fragte Gibbs irritiert und runzelte die Stirn. „Ducky“, stieß ich hervor und schüttelte belustigt den Kopf. „Ich fass es nicht, dass die beiden gemeinsame Sache gemacht haben.“ „Du meinst, Abby und Duck stecken unter einer Decke?“ „Oh ja, das tun sie. Überleg doch einmal. Woher sollte unsere kleine Fledermaus sonst die Gewissheit haben, dass du die Karte nicht einfach entsorgen würdest? Sie hätte doch sicher auf eine andere Methode zurückgegriffen. Und bei einer von Duckys Geschichten…?“ „Du hast bei einer seiner Geschichten aufgepasst?“ Jethro hob seine Augenbrauen und seine Mundwinkel zuckten amüsiert. „Hin und wieder höre ich ihm durchaus zu“, gestand ich und rutschte ein Stück seinen Oberschenkel hinauf, wobei mein Knie wie rein zufällig sein Glied berührte, was ihm ein Keuchen entlockte.
„Jedenfalls ist es einmal um seine Ururgroßmutter gegangen und diese hatte den Namen Adelaide. Warum ist mir das nicht früher eingefallen?“ „Das liegt vielleicht daran, dass du vorhin etwas anderes im Kopf hattest als dir Gedanken über Duckys Ururgroßmutter zu machen“, erwiderte Gibbs, löste unsere miteinander verschränkten Finger und umfasste mit beiden Hände meine Hüften. Als ich mich aufgesetzt hatte, war mir die Decke auf meine Unterschenkel gerutscht und ich saß vollkommen entblößt vor ihm. Sein mehr als verlangender Blick machte mich ganz kribbelig und ich musste den Kloß in meinem Hals hinunterschlucken, der sich dort auf einmal gebildet hatte.
„Dass Abby und Ducky gemeinsame Sache gemacht haben, schreit nach Rache“, keuchte ich atemlos, als Jethro anfing, meine Haut zu streicheln. „Und du hast natürlich schon einen Plan.“ „Natürlich habe ich das“, erwiderte ich und ließ es widerstandslos zu, dass er mich zu sich nach unten zog â€" unsere Gesichter waren nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt. „Du kannst mir alles beim Frühstück erzählen“, murmelte er nahe an meinem Mund, hob ein wenig seinen Kopf und presste verlangend seine Lippen auf meine. Seine Hände wanderten zu meinem Hintern, legten sich darauf und gleich darauf spürte ich seine Finger, die zärtlich anfingen, meine Körperöffnung zu streicheln â€" sämtliche Rachepläne an Abby und Ducky verschwanden prompt aus meinem Gehirn…

15. Februar
07:45 Uhr


Mit einem äußerst überzeugenden betrübten Gesichtsausdruck, den ich heute Morgen vor Jethros Badezimmerspiegel geübt hatte, verließ ich den Fahrstuhl und betrat gleich darauf Abbys Labor. Wie immer lief laute Musik und ich fand die junge Goth bei ihrem Computer, wo sie eines ihrer geliebten Onlinespiele spielte. Es fiel mir unendlich schwer, nicht glücklich zu grinsen und sie gleich in eine feste Umarmung zu schließen, um ihr zu danken, dass sie Gibbs und mich zusammengebracht hatte.
Wir hatten insgesamt nur drei Stunden geschlafen und trotzdem fühlte ich mich so munter wie schon lange nicht mehr. Es war einfach herrlich gewesen, in Jethros Armen aufzuwachen, seinen vom Schlaf warmen Körper an meinen gepresst, während sein Mund zärtlich mit meinem Ohrläppchen gespielt hatte, um mich zu wecken. Und ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einen derart ausgiebigen Guten Morgen Kuss erhalten hatte, dass mich alleine bei dem Gedanken daran ein heftiger Schauder durchfuhr.
Außerdem hatte er mich total überrascht, als er aus einem Küchenschrank eine Packung meiner Lieblingscornflakes hervorgeholt hatte, die er mit einem weiteren Kuss vor mich hingestellt hatte. Jethro hatte mir anschließend gestanden, dass er diese vor Wochen einmal besorgt hatte, in der Hoffnung, sie würden dabei helfen, dass ich irgendwann einmal bei ihm schlafen würde. Während er sich mit Kaffee und Toast begnügt hatte, hatte ich zwei große Schüsseln Cornflakes verdrückt, gefolgt von einem Donut mit Zitronenglasur, den ich mir gekauft hatte, während sich Gibbs einen weiteren Becher seines Lieblingsgetränks im Coffeeshop am Weg zur Arbeit besorgt hatte. Seinen Wagen hatten wir vorher vom Restaurantparkplatz geholt â€" nachdem wir bei mir vorbeigeschaut hatten, damit ich mir frische Sachen hatte anziehen können - wobei es mir jedoch lieber gewesen wäre, wenn wir gemeinsam zum Hauptquartier gefahren wären. Aber noch sollte niemand etwas von unserem neuen Glück wissen, jedenfalls nicht so lange wir an Abby und Ducky den kleinen Racheakt durchgeführt hatten.

So als ob sie ein Gespür dafür hätte, wenn jemand ihre geheiligten Hallen betrat, drehte sich die junge Goth um und strahlte über das ganze Gesicht, als sie mich sah. Gleich darauf runzelte sie jedoch ihre Stirn, als sie meine betrübte Miene bemerkte. Ohne weiter das Spiel zu beachten, eilte sie in den angrenzenden Raum und drehte die Musik herunter, sodass diese jetzt ein grässliches Hintergrundgeräusch war.
„Hey Tony“, sagte sie, während sie zu mir zurückkam. „Was machst du hier unten? Habt ihr einen neuen Fall?“ Ich schüttelte den Kopf und lehnte mich an einen freien Tisch. „Nein, es gibt nichts weiter als alte Akten und da Gibbs sich gerade einen Kaffee holt, habe ich mir gedacht, ich statte dir einen kurzen Besuch ab.“ Beinahe hätte ich meinen Freund bei seinem Vornamen genannt, hatte mich aber noch rechtzeitig daran erinnert, dass dieser Versprecher alles hätte auffliegen lassen. „Was hast du auf dem Herzen, mein italienischer Hengst?“ fragte sie und ich konnte es förmlich hinter ihrer Stirn rattern sehen, wie sie sich alle möglichen Varianten überlegte, was gestern schief gelaufen sein könnte. Offiziell wusste sie ja nichts von der Einladung, weshalb sie nicht direkt damit herausplatzen konnte. Es war ihr jedoch anzumerken, dass ihr das mehr als schwer fiel.
„Ich habe mich gestern auf einen richtig tollen Abend gefreut“, sagte ich traurig und verlieh mir in Gedanken einen Oscar für meine überzeugende Darstellung. „Jemand hat mir gestern am Morgen eine Valentinstagskarte unter der Tür durchgeschoben und mich zu einem Abendessen ins Four Seasons eingeladen.“ „Ins Four Seasons?!“ rief Abby begeistert und strahlte über das ganze Gesicht â€" verdiente ich für meine Darbietung einen Oscar, dann bekam die junge Goth glatt zwei. Wüsste ich nicht, dass sie hinter alldem steckte, würde ich ihr sofort alles abkaufen.
„Ja, aber leider hat mich die Person, die mir die Karte geschenkt hat, versetzt. Jedenfalls ist niemand aufgetaucht.“ „Was?!“ Jetzt machte sich Schrecken und Fassungslosigkeit auf Abbys Miene breit und ich konnte nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken. „Was soll das heißen, nicht aufgetaucht?! Das gibt es doch nicht! Ich meine, wer versetzt dich so ohne weiteres?! Da muss es einen triftigen Grund dafür geben! Also, ich hätte mir kein Abendessen mit dir im Four Seasons entgehen lassen!“ Ihre Wangen hatten sich gerötet und sie fuchtelte wild mit ihren Armen durch die Luft.
Ich scharte ein wenig mit den Füßen und ließ betrübt meinen Blick durch das Labor schweifen. „Ich habe sogar meinen besten Armanianzug angezogen und dann war das ganze umsonst. Tja, es war wohl doch ein Scherz, den sich jemand mit mir erlaubt hat.“ „Ich bin mir sicher, dafür gibt es eine hervorragende Erklärung“, meinte Abby erbost und stemmte ihre Hände in die Hüften. Ich konnte vor mir sehen, wie sie in ihrer Vorstellung Gibbs eine richtige Standpauke hielt, dass er mich angeblich versetzt hatte. Aber würde sie mit ihm schimpfen, würde sie unweigerlich zugeben müssen, dass sie für die Einladungen verantwortlich war.
„Aber ich schätze, auf die Erklärung muss ich wohl warten, da ich ja nicht weiß, wer mir die Karte geschickt hat“, erwiderte ich und setzte ein trauriges Lächeln auf. „Aber was soll’s. So bin ich wenigstens für etwa eineinhalb Stunden nicht Zuhause herumgesessen, sondern war in einem wirklich schicken Restaurant. Da solltest du unbedingt einmal vorbeischauen, Abbs. Der Wein schmeckt auf jeden Fall hervorragend, auch wenn er nicht gerade billig ist.“ Sie ließ enttäuscht die Schultern hängen und murmelte etwas, das ich nicht verstand. Aber irgendwie hegte ich den Verdacht, dass es ein Fluch war, der Jethro betraf.
Ich blickte auf die Uhr und seufzte. „Ich sollte wohl lieber wieder nach oben fahren, nicht das Gibbs vom Coffeeshop zurück ist und meinen Platz leer vorfindet. Auf eine Kopfnuss kann ich sobald am Morgen wirklich verzichten. Obwohl, er ist richtig sexy, wenn er mich wütend anfunkelt“, fügte ich hinzu und ein träumerischer Ausdruck stahl sich auf mein Gesicht. Abby wurde aus ihrer Entrüstung gerissen und sah mich beinahe mitleidig an. „Ach Tony, du wirst schon sehen, irgendwann werdet ihr beide schon noch zusammenkommen, auch wenn der Bossman den Eindruck macht, nichts für dich zu empfinden.“ „Du hast recht, ich darf die Hoffnung nicht aufgeben“, meinte ich und lächelte, während ich es ihr wirklich gerne sagen würde, dass ich genau wusste, was Jethro empfand, aber noch wollte ich sie ein wenig zappeln lassen. „Danke, dass du mir zugehört hast“, fügte ich noch hinzu und umarmte die Forensikerin kurz, bevor ich eilends das Labor verließ und mir endlich ein breites Grinsen erlauben konnte. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Abby mit ihrem Fuß heftig auf dem Boden aufstampfte und darüber schimpfte, dass ihr Plan anscheinend nicht funktioniert hatte. Manchmal war Rache wirklich süß…

15. Februar
08:00 Uhr


Mit einem Becher extrastarkem Kaffee bewaffnet, betrat Gibbs die Pathologie und fand Ducky an seinem Schreibtisch vor, wo er eine Bestandsaufnahme der noch vorhandenen Probenröhrchen machte, die vor ihm aufgereiht lagen. Obwohl er eigentlich der Typ war, der sich nicht zu solchen Kindereien herabließ wie Ducky und Abby hinters Licht zu führen, hatte er nicht anders gekonnt. Schon alleine deswegen, weil ihn Tony, als er ihm seinen kleinen Plan erzählt hatte, mit seinem Dackelblick angesehen und dabei so unschuldig wie ein neugeborenes Baby gewirkt hatte, dass er einfach beschlossen hatte, mitzumachen. Außerdem konnte er Anthony irgendwie gar nichts mehr abschlagen, egal worum es sich handelte. Seit gestern Abend hatte er sein Herz endgültig an ihn verloren und er fühlte sich deswegen so gut wie schon lange nicht mehr.
Wenn Jethro an letzte Nacht dachte, konnte er sich nur schwer ein Grinsen verkneifen. Es war einfach perfekt gewesen und auch wenn es ihm anfangs ein wenig peinlich gewesen war, dass er keine Erfahrung mit Männern gehabt hatte, war diese Beschämung rasch verschwunden. Tony war unglaublich liebevoll gewesen, hatte sich auch nicht darüber lustig gemacht, als er ihm gestanden hatte, warum er eine Tube Gleitgel besaß und welche Fantasien in seinem Kopf herumspukten. Eher hatte er das Gefühl, dass sie irgendwann genau diese Fantasien zum Leben erwecken würden.
Mit Anthony zu schlafen, war noch viel schöner gewesen als er es sich in seinen Träumen ausgemalt hatte, auch wenn es anfangs weh getan hatte. Aber dieser Schmerz war nichts im Vergleich zu der Lust gewesen, die ihn überrollt hatte, als er sich endlich weitestgehend entspannt und Tony vollkommen in sich aufgenommen hatte. Sex war für ihn schon lange kein Akt der Liebe mehr gewesen, sondern einfach eine Befriedung gewisser körperlicher Bedürfnisse, aber letzte Nacht war es viel mehr als das gewesen. Das Gefühl, dass ihn überrollt hatte, als er realisiert hatte, dass er endlich mit dem Mann, den er unbeschreiblich liebte, derart intim verbunden war, hätte ihm beinahe die Tränen in die Augen getrieben. Es war ein Akt der Liebe gewesen und noch viel mehr, das er nicht mit Worten beschreiben konnte. Seit einer Ewigkeit hatte er sich nicht mehr fallen gelassen, hatte sich nicht mehr von seinen Gefühlen leiten lassen. Und gestern einfach die Kontrolle aufgegeben zu haben, war überraschend befreiend gewesen.
Aber noch herrlicher war es gewesen, wieder jemanden zu haben, mit dem er am Morgen aufwachen konnte. Tonys Körper war so warm gewesen und die Geräusche die er im Schlaf gemacht hatte, als er an seinem Ohrläppchen geknabbert hatte, hatten ihn zum Grinsen gebracht. Er war bereits jetzt jedem Millimeter seines Freundes verfallen und war sich sicher, nie genug von ihm bekommen zu können. Seit langem war er nicht mehr so glücklich gewesen und er fragte sich, ob Ducky das bemerken würde, trotz der mürrischen Miene, die er aufgesetzt hatte und jeden anderen wohl sofort in die Flucht geschlagen hätte.

„Ah Jethro“, sagte der Pathologe, der sich mit seinem Stuhl umgedreht hatte und seinen Freund von oben bis unten musterte. Er erkannte sofort, dass dessen Gesichtsausdruck auf eine nicht gerade rosige Laune schließen ließ und unwillkürlich verging ihm das Lächeln, das noch vor einer Sekunde seine Lippen geziert hatte. Abbys Plan, die beiden Sturköpfe zusammenzubringen, hatte also nicht funktioniert. Das war doch zum Haare raufen. Für einen kurzen Moment hatte er wirklich gedacht, Tony und Gibbs hätten einen wunderbaren Abend hinter sich, gefolgt von einer noch besseren Nacht, in der sie nicht viel Schlaf bekommen hatten. Aber wenn es sich so abgespielt hätte, hätte sein Freund jetzt nicht diesen mürrischen Ausdruck im Gesicht, sondern würde eher glücklich wirken.
„Stimmt etwas nicht?“ fragte Ducky mit sorgenvoller Stimme. Gibbs trank einen großen Schluck Kaffee und lehnte sich gegen einen der Stahltische, blickte den Älteren direkt an. „Ich habe gestern eine Valentinstagskarte geschenkt bekommen, in der mich jemand ins Four Seasons zum Abendessen eingeladen hat“, antwortete er und versuchte seine Mundwinkel gerade zu halten. „Und dieses Essen ist nicht gut verlaufen?“ wollte der Pathologe vorsichtig wissen. „Ich war nicht dort.“ Jethros Gegenüber weitete seine Augen und stand langsam von dem Stuhl auf. „Du warst nicht dort? Aber warum? Ich meine, wenn dich jemand einlädt und… oder hast du die Karte einfach weggeschmissen?“
Gibbs schüttelte den Kopf und trank einen weiteren Schluck Kaffee. „Nein, Duck. Ich wollte hingehen und die Zeit bis dahin habe ich mit dem Bauen meines Bootes überbrückt. Nur habe ich in den vergangenen Tagen nicht so viel Schlaf bekommen, weshalb ich wieder einmal in meinem Keller eingeschlafen bin. Als ich wach geworden bin, war es kurz nach 22 Uhr. Ich habe schlicht und einfach verschlafen. Und jetzt werde ich wohl nie erfahren, wer mich eingeladen hat.“ Ducky ließ sich schwer gegen seinen Tisch sinken und schüttelte betrübt den Kopf. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn alles wie am Schnürchen geklappt hätte. Ob Abby schon von dem Desaster wusste? Anscheinend mussten sie sich einen anderen Plan ausdenken, um Gibbs und Tony endlich zusammenzubringen, da ja keiner der beiden bereit war, endlich den entscheidenden Schritt zu wagen.
„Vielleicht meldet sich die Person noch einmal“, sagte der Pathologe schließlich zuversichtlich und machte sich gedanklich eine Notiz bei dem Schema des Blind Dates zu bleiben, da sein alter Freund solche Einladungen ja nicht zu entsorgen schien. Und wenn das wieder nicht funktionierte, würden sie wohl schwerere Geschütze auffahren müssen. Vielleicht sollten sie die beiden hier in der Pathologie einsperren oder gar in einem Verhörraum? Irgendwo, wo sie nicht eher herauskamen, bevor nicht die Fronten geklärt waren.
„Ja, vielleicht“, erwiderte Jethro nicht sehr überzeugend und blickte auf seine Uhr. „Ich sollte wieder hinauffahren. Nicht, dass Tony McGee schon so viele Papierbälle an den Kopf geworfen hat, dass man seinen Schreibtisch vor lauter Kugeln nicht mehr sehen kann.“ Bei der Erwähnung des Namens seines Agents erlaubte sich Gibbs seine mürrische Maske fallen zu lassen und ein träumerisches Lächeln zierte seine Lippen. „Ach Jethro, wann wirst du es ihm endlich sagen?“ fragte Ducky kopfschüttelnd. „So kann das ja nicht weitergehen. Irgendwann wird es dich so sehr beeinflussen, dass du dich nicht mehr auf deine Arbeit konzentrieren kannst. Immerhin ist Anthony täglich in deiner Nähe.“ „Ich will ihn nicht verjagen, Duck. Du weißt wie ich, dass er doch jede Woche eine neue Freundin hat.“ Innerlich grinste Gibbs, als er die verzweifelte Miene seines Gegenübers bemerkte. Wenn dieser nur wüsste, dass Tony schon seit einer Ewigkeit keine Freundin mehr gehabt hatte. Wahrscheinlich würde er es bald erfahren, aber noch wollte er ihn zappeln lassen.
„Bis dann, Duck“, sagte er schnell, bevor der andere eine Gelegenheit erhielt, ihm einen kleinen Vortrag zu halten, so wie jedes Mal, wenn sie auf dieses Thema zu sprechen kamen, verließ eilends die Pathologie und strebte auf den Fahrstuhl zu. Als sich dessen Türen öffneten, überraschte es ihn nicht, Tony in der kleinen Kabine vorzufinden. Jethros Herz vollführte einen Hüpfer und er ließ sich widerstandslos in den Aufzug zerren. Und kaum hatten sich die Türen geschlossen, nahm er Anthony in seine Arme und küsste ihn voller Leidenschaft, nutzte die paar Sekunden aus, die sie hatten, bevor sie in der 3. Etage ankamen.

15. Februar
10:16 Uhr


„Ich habe ja gesagt, dass es funktionieren wird“, meinte ich triumphierend und richtete ein paar der schwarzen Rosen in der Vase, sie ich auf Abbys Tisch platziert hatte. Da wir heute wirklich nichts außer Akten bearbeiten zu tun hatten, hatte Gibbs nichts dagegen gehabt, dass ich die junge Goth ein wenig im Auge behielt, bis sie endlich zu Ducky verschwunden war, sodass wir das Labor für uns alleine hatten. Wahrscheinlich blieben uns nur wenige Minuten, aber die reichten vollkommen.
Die Blumen hatte Jethro heute Morgen besorgt, als er sich seinen Kaffee gekauft hatte und diese dann in seinem Wagen aufbewahrt. Womit ich nicht gerechnet hatte, war der kleine schwarze Teddybär, der eine einfache Dankeskarte in seinen flauschigen Pfoten hielt. Gibbs stellte einen übergroßen CafPowbecher und eine Flasche schottischen Whiskeys neben die Vase und drehte sich zu mir um.
„Ich weiß, dass du das gesagt hast“, erwiderte er sanft und würden sich im Labor nicht überall Kameras befinden, hätte er mich schon lange in seine Arme geschlossen. So wie vor etwa zwei Stunden im Fahrstuhl. Den kurzen, aber heftigen Kuss konnte ich jetzt noch spüren und ich hatte alle Mühe gehabt, die Kabine normal und nicht mit einem dämlichen Grinsen zu verlassen. „Und Abby wird uns wahrscheinlich eine wahre Tirade halten, wenn sie erkennt, dass wir sie und Ducky hinters Licht geführt haben.“ „Gefolgt von einer halsbrecherischen Umarmung. Sie wird sich viel zu sehr freuen, dass ihr Plan aufgegangen ist, als dass sie uns böse sein könnte, Jethro“, meinte ich und nickte zufrieden, als endlich jede Rose ordentlich angeordnet war.
„Komm, ich lade dich auf einen Kaffee ein“, sagte ich ein paar Sekunden später, als wir das Labor wieder verließen. „Jetzt sag nicht, dass du schon wieder einen Donut haben willst, Tony. Du hattest doch heute Morgen schon einen.“ „Ja, aber keinen mit Schokoglasur. Und am Abend werden wir dafür sorgen, dass ich die überschüssigen Kalorien wieder abbaue“, fügte ich hinzu und entlockte Jethro ein amüsiertes Lachen. „Bei den Haufen Kalorien, die ein Donut hat, dauert dieser Abbauvorgang sicher lange.“ „Ach ja? Nun, wie wäre es, wenn ich mir zusätzlich noch ein großes Stück Apfelkuchen kaufe? Mit jeder Menge Schlagsahne?“ „Da brauchen wir aber die ganze Nacht, damit du das wieder abgespeckt hast“, meinte er und zog mich in den Fahrstuhl. „Gut, dass morgen Samstag ist und wir keinen Dienst haben“, flüsterte ich und schlang meine Arme um seinen Nacken. „Da können wir jede Menge Trainingsstunden abhalten.“ „Vielleicht sollte ich auch einmal einen Apfelkuchen probieren“, sagte Jethro, bevor er meine Lippen mit seinen verschloss, während er blind nach dem Stopphebel tastete und diesen umlegte, sodass der Fahrstuhl mit einem Ruck stehen blieb.
Fast ein Jahr hatte es gedauert, bis wir endlich zueinander gefunden hatten, wenn auch nur mit der Hilfe eines gerissenen Pathologen und einer Forensikerin, die sich gerne um die Liebesangelegenheiten ihrer Kollegen kümmerte. Dank ihr konnte ich endlich die Liebe meines Lebens in meinen Armen halten und so wahr mir Gott helfe, Jethro würde ich nie wieder gehen lassen…

15. Februar
10:20 Uhr


„Welcher Idiot hat denn jetzt schon wieder den Fahrstuhl angehalten“, schimpfte Abby schlecht gelaunt und stieß die Tür auf, um das Treppenhaus zu verlassen. „Oder ist er wieder einmal kaputt. Die hätten ruhig einen einbauen können, der nicht so oft den Geist aufgibt.“ Wütend betrat sie ihr Labor. Sie war eben bei Ducky gewesen und hatte mit ihm Kriegsrat abgehalten. Die junge Goth konnte es nicht glauben, dass Gibbs verschlafen hatte… VERSCHLAFEN!!! Und wegen so etwas war ihr schöner Plan den Bach hinuntergelaufen. So ein Mist aber auch. Wenn sie könnte, würde sie ihrem silberhaarigen Fuchs einen wütenden Vortrag über verpatzte Chancen halten.
Und Tony war deswegen so niedergeschlagen, hatte sich extra herausgeputzt und sie war sich sicher, dass Jethro die Augen aus dem Kopf gefallen wären, hätte er den Jüngeren in dem schwarzen Armanianzug gesehen. Da hatte sie sich extra so viel Mühe gegeben und Ducky hatte es geschafft, einen Tisch im Four Seasons zu bekommen und dann war alles umsonst gewesen.
„Aber ich gebe nicht auf!“ rief sie ihren geliebten Maschinen zu. „Die beiden werden mir nicht entkommen! Sie werden…!“ Die restlichen Worte blieben ihr im Hals stecken, als sie den riesigen Strauß schwarzer Rosen, den überdimensionalen CafPowbecher, die Whiskeyflasche und den kleinen süßen Teddybären entdeckte â€" sämtliche Dinge standen neben ihrem Computerbildschirm. Abby drehte sich einmal im Kreis, spähte in den hinteren Teil des Labors, aber niemand war zu sehen.
Mit großen Augen ging sie langsam auf ihren Tisch zu und nahm zögernd, so als ob sie explodieren würde, die kleine Karte aus den Pfoten des schwarzen Bären. Diese war in einem blutigen Rot gehalten, auf dem sich das Wort Danke in goldenen Buchstaben abhob. Mit offenem Mund starrte sie die Karte an, bevor sie zu den anderen Gegenständen auf dem Tisch blickte… und auf einmal wurde ihr klar, was diese hier zu suchen hatten, was sie zu bedeuten hatten.
Abby stieß einen lauten Freudenschrei aus, hüpfte sie wild auf und ab, schnappte sich den Teddy und drückte ihn ganz fest an sich. Sie konnte es nicht glauben… von wegen verschlafen, von wegen Tony hatte den Abend alleine im Restaurant verbracht, von wegen Niedergeschlagenheit. Die beiden hatten Ducky und sie hinters Licht geführt, hatten sich einen Spaß mit ihnen erlaubt, wahrscheinlich als kleine Rache, da sie sich eingemischt hatten. Aber sie mussten ihr und dem Pathologen auch dankbar sein, nicht umsonst waren diese tollen Geschenke auf einmal hier im Labor.
„Na wartet, wenn ich euch in die Finger bekomme“, sagte sie atemlos, stellte den Bären zurück und steckte die Karte wieder in seine Pfoten. „So leicht kommt ihr uns nicht davon. Mich führt man nicht ungestraft hinters Licht!“ Abby stürzte zum Telefon, um Ducky anzurufen und um ihm die gute Neuigkeit mitzuteilen, dass ihr Plan doch funktioniert hatte, dass Tony und Gibbs endlich ein Paar waren. Wieder einmal hatte sie bewiesen, dass sie die Meistern im verkuppeln war. Ihre Hartnäckigkeit hatte sich schlussendlich bezahlt gemacht und die beiden Personen, die ihr am meisten bedeuteten, hatten zusammengefunden. Der 14. Februar würde für die beiden nie wieder so sein wie vorher â€" genauso wie für Abby, die jetzt einen Grund mehr hatte, sich auf diesen Tag zu freuen.

The End!!!!
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